230 XI. Bevölkerungspolitik und Fürsorge für Kriegsteilnehmer
26. Die werdende Mutter darf nicht durch schwere Arbeit
außerhalb des Hauses, besonders in geschlossenen Räumen, gefährdet
werden.
27. Überhaupt ist die zunehmende Beschäftigung von Frauen in
Berufszweigen, die — geistig und körperlich — Männerkräfte er-
fordern, eine große Gefahr für Mutterschaft und Familienleben, Volks-
ernährung und -Erziehung (siehe unter Seite 251).
28. Deutschland verliert jährlich über 6500 Frauen an den
Folgen einer Entbindung: über 56 000 Kinder werden tot ge-
boren. Unberechenbar sind die bleibenden Gesundheitsschädigungen
und Verminderungen der Gebärfähigkeit, welche die Mütter durch un-
günstige Entbindungen erleiden. — Das von der preußischen Ministerial-
kommission erörterte Hebammengesetz sowie die geplante Ver-
mehrung der Gebäranstalten und Bereitstellung von Krankenbetten
für Entbindung können diesen Verlusten und Schäden abhelfen.
29. Im Jahre 1913 betrug die deutsche Säuglingssterblich-
keit noch 277 000 Fälle; in Rußland starben auf 1000 Lebendgeborene
290 Säuglinge, in Norwegen 68; Deutschland steht mit 151 an siebent-
schlechtester, hingegen mit seiner Gesamtsterblichkeit an siebent-
bester Stelle von 20 Kulturstaaten.
30. Bessere Säuglingsernährung und Säuglings-
pflege können uns unschwer in absehbarer Zeit wenigstens mit unseren
Feinden England und Frankreich auf gleiche Höhe bringen und 100 000
bis 150 000 Säuglinge jährlich mehr am Leben erhalten. — Dies ist zu
erreichen durch Rückkehr des Säuglings zur Mutterbrust,
Abkehr von der künstlichen Ernährung. Ferner durch:
31. Mutterberatung und Säuglingsbehandlung
durch die „b.äuglingsfürsorgestellen“, die vermehrt und auch
auf dem Lande verbreitet werden müssen. — Wo sie fehlen: Aufsicht durch
Kreisärzte, Kinderärzte, Hebeammen, Fürsorgeschwester, ehrenamtlich
tätige Dame.
Stillprämien für nährende Mütter. Großstädtische Kinder
milchküchen. — Ausbildung der weiblichen Jugend in der
Kinderpflege und von besonderen staatlich geprüften Säuglings-
pflegerinnen.
Sanitätspolizelliche überwachung des Ammen= und Haltekinder-
wesens.
32. Fürsorge für die unehelichen Kinder.
Die Zunahme der unehelichen Geburten und die unverhältnismäßig
hohe Sterblichkeit der unehelichen Kinder zwingen dazu, sie wirtschaftlich
und rechtlich besser zu schützen. Auch stehen sie sittlich schlechter, denn der