Denkschrift über Bevölkerungspolitik 231
Fürsorge-Erziehung werden erheblich mehr uneheliche als eheliche Kinder
zugeführt. Die Preußische Ministerialkommission und das Preußische Ab-
geordnetenhaus haben sich am 9. 5. 1916 bzw. am 17. 2. 1917 mit dieser
Frage beschäftigt. Angeregt wurde:
a) Eine schärfere Ausnutzung der §§ 1666 und 1707 BGB. (Einfluß
des Vormundes auf Pflege und Erziehung des Kindes).
b) Abänderung des § 361, 10 Str. G. B. (Alimentations-
pflicht des unehelichen Vaters) und Anwendung der Ausführungs-
bestimmungen über den Unterstützungswohnsitz.
c) Abschaffung der sogenannten exceptio plurium con-
umbentium (Haftung aller für die Zeugung in Betracht
kommenden Männer als Gesamtschuldner für die Unterhaltskosten).
d) Vermehrung, eventuell gesetzliche allgemeine Einführung der Be-
rufs- neben der ehrenamtlichen Einzelvormundschaft.
e) Bessere Aufsicht über die Haltekinder durch gesetzliche Personal-
union von Waisenrat und Berufsvormund.
s) Das Abgeordnetenhaus befürwortete Übertragung der Fürsorge für
uneheliche Kinder an größere Verbände nach Art der sogenannten Fürsorge-
erziehung bzw. durch Erweiterung der sogenannten außerordentlichen
Armenlast.
g) Die Durchführung obiger Maßnahmen verbürgt uns die Erhaltung
vieler wertvoller Leben und deren sittliche und soziale Hebung. —
Völlige rechtliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Gleichstellung
der unehelichen mit den ehelichen Kindern begegnet schweren sittlich-
religiösen und staatlichen Bedenken; die eheliche Kindererzeugung
und Erziehung muß die unerschütterliche Grundlage des Staates
und der Gesellschaft bleiben.
33. Mutter und Kind. Wie die Milch der gesunden Mutter
die beste Nahrung für das Kind ist, übertrifft auch die mütterliche Pflege
und Erziehung des Kindes im allgemeinen jede andere; sie kann durch
Schulung der älteren Mädchen und Jungfrauen als der künftigen Mütter
verbessert werden.
34. Die zunehmende Berufstätigkeit der Frauen und Mütter
außerhalb des Hauses birgt große Gefahren für das Familien-
leben, die Volksernährung und die Kindererziehung in sich. Mutter-
schutz, Frauenbildung und Kinderschutz sind in ihrer Be-
deutung zwar erkannt, aber noch nicht genug gefördert worden (Gewerbe-
hygiene, Haushaltungsunterricht, Kleinkinderpflege).
835. Kinderkrippen und Kinderhorte — am besten auf
Pestalozzi-Fröbelschen Grundlagen — bedürfen der Vermehrung und der
hygienisch--ärztlichen Beaufsichtigung durch die Säuglingsfürsorgeftellen,