Siedlung im Gebiet des Oberbefehlshabers Ost 257
anliegenden Verordnung des Generalquartiermeisters betr. Landabgabe
und Siedlung in Kurland zu veröffentlichen.
Falls Verordnungen oder andere Maßnahmen betr. Grundeigentum,
Bodenkredit und Genossenschaftswesen notwendig erscheinen, bitte ich vorher
das Einvernehmen des Generalquartiermeisters einzuholen, der mich über
die östliche Bodenfrage auf dem laufenden halten wird.
J. A. gez. Ludendorff.
TChef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 17. 6. 1918.
Gen.-Qu. IIe Nr. 31 587.
Verfügung betr. die Bodenfrage in den Ge-
bieten der östlichen Militärverwaltungen.
Die Bedürfnisse des Heeres und des Landes erfordern, daß die land-
wirtschaftliche Erzeugung in den Gebieten der östlichen Militärverwaltungen
schnell entwickelt werde. An der östlichen Militärgrenze treffen Rück-
wanderer in großen Mengen ein. Um den Untergang der Oddachlosen
zu verhüten und ihre Arbeitskraft nutzbar zu machen, sind außergewöhnliche
Maßnahmen erforderlich.
Damit erwachsen den Militärverwaltungen, die bereits erfolgreich an
der Wiederherstellung gesunder wirtschaftlicher Zustände gearbeitet haben,
neue Aufgaben. Das brachliegende Land ist zu erschließen, Heimstätten
sind zu schaffen. Den vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieben ist durch
Entwicklung des Kredits erhöhte Leistungsfähigkeit zu geben. Gemein-
nützige Organisationen, denen die erfahrensten Kräfte aus dem Deutschen
Reiche zur Verfügung stehen, sind hierfür geschaffen worden und gehen
jetzt an das Werk.
Wenn also die von Rußland jahrhundertelang vernachlässigten Rand-
staaten in den schützenden Kreis des deutschen Wirtschaftslebens treten, der
deutsche Innenmarkt sich ihnen erschließt, deutsche Organisation ihnen
Straßen, Eisenbahnen und Kanäle schafft und der deutsche Kredit ihnen
den Übergang zu erhöhter Wirtschaftskraft ermöglicht, soll das ganze Volk,
soll die Allgemeinheit den Nutzen davon haben. Nicht einer dünnen Schicht
von Besitzern darf vorbehalten bleiben, die Vorteile der Neuordnung für
sich vorwegzunehmen, indem sie den durch Deutschlands Siege erhöhten
Wert des Bodens in spekulativen Verkäufen ausnutzen.
Die zu hohen Preisen verkauften und mit Hypotheken belasteten Güter
wären keine geeignete Grundlage für ein gesundes Geschlecht. Den
Siedlern wären teuer errichtete Höfe nur eine schwere Last; solange die
landwirtschaftlichen Erzeugnisse hohe Preise haben, könnten sie bestehen.
Jeder wirtschaftliche Rückschlag aber würde sie zertrümmern. Der Stolz
auf den eigenen Boden, die Freude am eigenen Hause wären dahin. Un-
Urkunden der Obersten Heeresleitung 1916—1918. 17