Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Kriegerheimstätten 265 
  
Bodens und der mit öffentlichen Zuschüssen erbauten Häuser gegen die 
freie Spekulation. Kurzfristige Sicherungen, wie sie im Kapitalabfindungs- 
gesetz vorgesehen sind, genügen für diesen Zweck nicht; sie verführen den 
Erwerber dazu, sich erst gar nicht eindringlich um Ausbau und Ausnutzung 
seines Anwesens zu kümmern, da schon in kurzer Zeit der verführerische 
Gewinn einer automatischen Wertsteigerung zum Weiterverkauf verlockt. 
Die gesetzliche Bindung gegen freien Wiederverkauf ist kein minderes") 
Recht, sondern gewährleistet nach dem Urteil unbestreitbarer juristischer 
und volkswirtschaftlicher Sachverständiger (v. Gierke, Zorn, A. Wagner, 
E. Meyer u. a. m.) eine gerechte, vernünftige und für die Allgemeinheit 
lohnendste Verwertung des Grund und Bodens. 
Darum haben auch die bodenreformerischen Bestrebungen, zumal sie 
die Begründung der Kriegerheimstätten besonders betreiben und be- 
günstigen, nicht nur in der Heimat, sondern auch bei den Feldzugsteil- 
nehmern tiefe Wirkungen ausgelöst, denen Reichs= und Heeresleitung Be- 
achtung und Berücksichtigung nicht länger vorenthalten kann. 
Bereits ist in Braunschweig ein Heimstättengesetz erlassen, das durchaus 
mit diesen Bestrebungen im Einklang steht; Bayern und andere Bundes- 
staaten sind im Begriff, denselben Weg zu gehen. Das Reich wird hiernach 
nicht zurückbleiben können. 
Die Lust der Krieger zur Ansiedlung wird dadurch nicht gemindert 
werden, daß der Heimstättenausgeber ein besonderes Recht für die unter 
besonders günstigen Bedingungen gegebene Heimstätte schafft, sofern dabei 
nur ein ruhiges Wohnen und ersprießliches Schaffen in diesem Heim ge- 
währleistet bleibt. 
An das gesunde und begreifliche Verlangen unserer Krieger nach einer 
eigenen Scholle knüpft jetzt bereits der englische Luft-Propagandadienst an, 
wenn er Tausende von aufrührerischen Flugblättern auf die Fronttruppen 
herunterwerfen läßt, in denen der deutsche Staat hingestellt wird, der 
seinen Söhnen nicht einmal einen „Blumentopf voll Erde“ zu eigen gönne. 
Nach den Außerungen der heimischen Presse ist eine überwiegende 
Mehrheit des Reichstages dem entworfenen Heimstätten= und Kriegerheim- 
stättengesetz durchaus freundlich gesinnt. 
Nur die unabhängigen Sozialdemokraten haben sich am 10. 5. 1918 
durch den Mund des Reichstagsabgeordneten Wurm aus begreiflichen 
*) Es war sehr bezeichnend, daß die an der Bodenspekulation beteiligten Stellen 
die ihnen sehr unbequeme Beschränkung des Verkaufsrechts auf alle Art zu hinter- 
treiben suchten. Wie sehr sie damit Erfolg hatten, beweist, daß auch der Reichskanzler 
diesen Standpunkt des „minderen Rechtes“ einnahm. Tatsächlich ist eine Bodenreform 
ohne Sicherung der Siedler gegen den Spekulanten kaum möglich und würde ins 
Gegenteil umschlagen. Der Verfasser.
	        
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