Schreiben über die Bedeutung der Presse 28
der Presseleitung brachte aber die Gefahren der Zersplitterung und des
Nebeneinanderarbeitens mit sich, besonders da die einzelnen Pressestellen
nur mit geringem Personal besetzt sind und dieses infolge der zunehmenden
Arbeitslast nur Zeit findet, die Interessen des eigenen Ressorts zu be-
rücksichtigen.
Es fehlt an einer einheitlichen Leitung dieses im Kriege an Umfang
und Bedeutung ständig wachsenden Instruments der politischen und mili-
tärischen Leitung. Die gemeinsamen Besprechungen im Reichstag, bei denen
Vertreter der einzelnen Behörden der Presse Mitteilungen machen, können
als eine einheitliche Leitung nicht angesehen werden. Auch hier arbeiten
die einzelnen Vertreter der Behörden unabhängig voneinander ohne vor-
heriges, gegenseitiges Einvernehmen nebeneinander her.
Die Zahl der Stellen, die mit der Presse arbeiten, ist durch die im
Kriege entstandenen Behörden vermehrt worden.
So kommt es, daß an allen Seiten zwar gewissenhaft, aber nicht nach
einheitlichen Gesichtspunkten gearbeitet wird. Ein solches Arbeiten auf dem
Gebiet der deutschen und der ausländischen Presse herzustellen, scheint mir
aber von allergrößter Bedeutung. Die Leitung unserer Politik würde durch
eine straffe Führung in Presseangelegenheiten auch den Verbündeten gegen-
über wesentlich an Kraft gewinnen.
Euerer Exzellenz schlage ich vor, die Einrichtung einer Zentralstelle zu
diesem Zweck baldmöglichst veranlassen zu wollen. Es muß hierbei ver-
mieden werden, daß zu den schon bestehenden Pressestellen etwa nur eine
weitere hinzutreten und die bestehende Vielheit vergrößern würde. Es
kommt vielmehr darauf an, etwas Neues zu schaffen, eine Zentralstelle, die
über den einzelnen Pressestellen steht, von diesen Anregungen erhält, sie
miteinander in Einklang bringt und die für ein einheitliches Vorgehen
sämtlicher Stellen und besonders auch dafür verantwortlich ist, daß bei
größeren Ereignissen rechtzeitig weitblickende Weisungen erteilt und Maß-
nahmen verabredet werden.
Diese neue Zentralstelle gehört in Anbetracht ihrer Aufgaben unter
den unmittelbaren Einfluß Euerer Exzellenz. Ich würde ihre Einrichtung
bei der Reichskanzlei für zweckmäßig halten, da auch die Nachrichten-
abteilung des Auswärtigen Amts in erster Linie nur die Sonderinteressen
dieses Amtes zu vertreten hat.
Falls Euere Exzellenz eine kommissarische Beratung der beteiligten Be-
hörden, wozu ich auch die der Bundesstaaten rechne, in Aussicht nehmen
sollten, bitte ich, einen Vertreter der Obersten Heeresleitung hinzuziehen zu
wollen. Euere Exzellenz können jeder Förderung dieses auf die Verstärkung
einheitlicher Reichsleitung gerichteten Vorschlags durch mich sicher sein.
I. A.: gez. Ludendorff.