Einheitliche Presseleitung und Aufklärung der öffentlichen Meinung 283
Northeliffe ein Mann an die Spitze des Propaganda-
dienstes für das feindliche Ausland getreten, der frei
von bureaukratischen Aufgaben durch Erfahrung und Ansehen für die
Lösung dieser Aufgabe besonders geeignet ist und sich ihr mit rastloser,
durch keine anderen Rücksichten gehemmter Energie widmen wird. Neben
ihm sind Mister Robert Donald zum Propagandaminister für das neutrale
Ausland und Mister Rudyard Kipling für das Inland ernannt worden.
Ihnen zur Seite sollen weitere bedeutende Männer von Erfahrung und
öffentlichem Ansehen stehen. In ähnlicher Weise sollen Frankreich und
Amerika den Posten eines Ministers für die Aufklärung geschaffen haben.
Auch in Österreich-Ungarn ist durch eine Anfrage der Abgeordneten
Miklas und Genossen an den Ministerpräsidenten am 22. 2. 1918 die Er-
richtung einer Propagandastelle beim Ministerratspräsidium beantragt
worden. Abschrift dieser Anfrage erlaube ich mir beizufügen.
Einer solchen, durch den Krieg gezeitigten Organisation gegenüber be-
finden wir uns stark im Rückstand. Ich darf nicht unterlassen, darauf hinzu-
weisen, daß ich seit dem Jahre 1916 in dieser Beziehung meine Forderungen
gestellt habe und daß es wohl möglich gewesen wäre, daß wir auf diesem
Gebiete jetzt unseren Gegnern voraus wären, anstatt von ihnen überholt
zu sein.
Dieser meiner Auffassung entspricht der in der Anlage beigefügte S. “
Antrag des Oberstleutnants v. Haeften, des Leiters der militärischen Stelle Il. Entwu
des Auswärtigen Amts. Ich stimme auch den Vorschlägen des Oberst.
leutnants v. Haeften zu. Im besonderen erscheint mir auch die darin ge-
gebene Anregung, eine Art Reichs-Aufklärungsamt zu schaffen, durchaus
beachtenswert. Die Aufgabe erfordert jedenfalls eine volle Arbeitskraft.
Im Nebenamt, angegliedert an ein anderes Reichsamt oder etwa an die
ohnehin schon stark beanspruchte Reichskanzlei läßt sie sich nicht lösen. Der
Leitende muß in ständiger Fühlung mit Vertretern aller Kreise und Berufe
stehen, wird häufig von heute auf morgen in der OÖffentlichkeit zu sprechen,
plötzlich Reisen zu unternehmen haben, darf also nicht durch anderweitige
Tätigkeit behindert sein. Er darf auch keine Persönlichkeit sein, die der
einen oder der anderen politischen Partei besonders nahe steht. Ich kann
daher den Vorschlag, den Staatssekretär Dr. Solf mit der Aufgabe zu be-
trauen, nach seiner Arbeitskraft, Redegewandtheit, Weltkenntnis und all-
gemeinem Ansehen im In= und Auslande nur warm befürworten. Ich
wäre gern bereit, ihm den Oberstleutnant v. Haeften als Chef des Stabes
zur Verfügung zu stellen, dessen hervorragende Eigenschaften, mehrjährige
Erfahrungen und wertvolle Beziehungen ihn hierzu besonders befähigen.
Die militärische Stelle könnte unter Loslösung vom Auswärtigen Amt
zu dem neuen Staatssekretär des Aufklärungsamtes in das gleiche Ver-