Schwierige Lage der inneren Politik 291
Ich wäre Euer Exzellenz aufrichtig dankbar, wenn Sie auch dies bei
Richtigstellung des oben erwähnten Gerüchts aussprächen.
Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung bin ich Euer
Exzellenz sehr ergebener gez. Ludendorff.
Unter dem 29. 11. 1917 erhielt ich bereits eine Antwort des Ministers
des Innern, die die Angelegenheit vollständig aufklärte.
Ich antwortete unter dem 8. 12. 1917.
2. Gr. H. Qu., den 8. 12. 1917.
An den Minisler des Innern.
Euer Exzellenz danke ich sehr ergebenst für Ihren Brief vom 29. 11.—
Ich begrüße es, daß Sie und Herr Friedberg den in Frage stehenden Ge-
rüchten entgegentreten wollen. Die erwähnte Mitteilung war mir vom
Geheimrat R. in der wohlmeinenden Absicht gemacht worden, ein Herein-
ziehen der O. H. L. in den Streit der Meinungen über die innere Politik
zu verhindern. Ich setze voraus, daß ihm aus der Mitteilung seines
Namens bei der Weiterverfolgung der Angelegenheit keinerlei Un-
annehmlichkeiten entstehen.
Wenn nun auch der vorliegende Schriftwechsel zwischen Euer Exzellenz
und mir sich gerade um die Fernhaltung der O. H. L. aus der inneren
Politik dreht, so möchte ich Ihnen persönlich gegenüber doch mit einigen
Bemerkungen auf einen allgemeinen Punkt Ihres Schreibens, der meines
Erachtens von entscheidender Tragweite ist, eingehen. Euer Exzellenz
mögen mir dabei ein offenes Wort nicht verübeln.
Euer Exzellenz lassen durchblicken, daß eine Ablehnung des all-
gemeinen, direkten, gleichen und geheimen Wahlrechts Streikbewegungen
in großem Umfange und damit den Verlust des Krieges hervorrufen könne.
Um solche Streiks zu verhindern, würden die verbündeten Regierungen
sogar einem Antrag des Reichstages, in allen Bundesstaaten das Reichs-
tagswahlrecht ohne alle Kautelen zwangsweise einzuführen, unter
Umständen zustimmen müssen.
Dies würde nichts anderes bedeuten, als eine Bankrotterklärung der
Regierung. Angesichts der Lage glauben Euer Exzellenz sich aber zu einer
solchen Haltung gezwungen, um einer Katastrophe vorzubeugen.
Das Vorhandensein eines solchen Zwanges kann ich nicht anerkennen.
Die Gefahr von Generalstreiks oder größeren Unruhen besteht meines
Erachtens gar nicht. Erstens würde die Propaganda für derart gewaltsame
Unternehmungen nicht den gefürchteten Erfolg haben; dazu ist der weitaus
größte Teil des Volkes viel zu verständig und patriotisch gesinnt. Vor-
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