Mobile Verwendung von Ersatzformationen 23
18. 6. 1907 M. J. Nr. 848/07 Au begründete diese Maßnahme mit
neuerer Forderung, gegebenenfalls Ersatztruppenteile zu kriegerischer Ver-
wendung heranziehen zu können. In dieser Auffassung entstand auch das
Deckbl. 68 zum § 891 Mobilmachungsplan, das die Bereitstellung von
Ersatzbrigaden durch die stellvertretenden Kommandierenden Generale
vorsah, sowie mein Schreiben vom 1. 7. 1910 Nr. 8305 I geh., das hierfür
planmäßige Friedensvorbereitungen anregte.
Ich bin im vorstehenden auf den früheren Herrn Kriegsminister und
dessen Anschauungen zurückgekommen, weil er die Berechtigung meiner
Ansichten damals anerkannt hat, denn zu meinem lebhaften Bedauern
haben die Darlegungen in dem Schreiben vom 21. 10. 1910 M. J. 1282/10
A meine Bedenken in bezug auf die für die Ersatzbataillone seitens des
Kriegsministeriums beabsichtigten Maßnahmen nicht zerstreut.
In bezug auf die Zahl der für Ersatzgestellung vorläufig zurückgehalte-
nen Bataillone liegen die Verhältnisse günstiger, wie das Kriegsministerium
es meint, solange nicht die äußerste Notlage eintritt, in deren Verlauf die zu
Kriegsbesatzung bestimmten Ersatzbataillone durch Einschließung, die
anderen durch kriegerische Verwendung verhindert sind, Ersatz zu stellen.
Dankbar erkenne ich an, daß auch das Kriegsministerium die Berechtigung
anerkennt, im Notfall — und um diesen kann es sich auch nur handeln —
das gesamte Ersatzheer zu kriegerischer Verwendung heranzuziehen.
Die nach den Vorschlägen des Kriegsministeriums bereitgestellten Ba-
taillone sind in ihrer Zusammensetzung gut. Die zurückbleibenden Stämme
sind zwar zur Ersatzgestellung, nicht aber zu der als möglich anerkannten
kriegerischen Verwendung befähigt. Das Kriegsministerium hofft, diese
Stämme zu neuen kriegstüchtigen Truppenteilen zu entwickeln; ob dies in
Rücksicht auf die vorhandenen Offiziere möglich ist, muß dahinstehen.
Jedenfalls erfordert es viel Zeit. Ob der Gegner uns diese Zeit läßt, ist
mehr wie ungewiß"). Mit diesem ungünstigsten Fall müssen wir aber
rechnen. Auch zu Kriegsbesatzungen sind diese Stämme nicht geeignet. Ein
Zusammenlegen der Stämme am 15. Mobilmachungstag zu geschlossenen
Bataillonen würde ein gewisser, aber nicht überall zu ziehender Ge-
winn sein.
Auch den verschiedenartigen Verhältnissen in den Korpsbezirken würde
Rechnung zu tragen sein. So verwendet das I. Armeekorps seine Ersatz-
bataillone im Bahnschutz und als Kriegsbesatzungen, das XVII. alle ohne
Ausnahme zu Kriegsbesatzungen. Das IX., X., XIV. rechnen vielleicht
mit einer frühzeitigen kriegerischen Verwendung aller Ersatzbataillone, das
VIII. scheint seine Ersatzbataillone im Aufmarschgebiet verwenden zu
*) Der Mißerfolg der Neuformationen bei VBpern steht in aller Erinnerung. Der
Verfasser.