Wilsonnote vom 18. Dezember 1916. Friedensvermittlung 315
Vielleicht ist der Friede näher, als wir glauben, vielleicht sind die Bebingungen,
auf denen die beiden kriegführenden Parteien bestehen zu müssen glauben, nicht so
unvereinbar, als manche fürchten; olelleicht könnte ein Meinungsaustausch wenigstens
den Weg zu einer Konferenz ebnen, vielleicht könnte so schon die nächste Zukunft auf
ein dauerndes Einvernehmen der Nationen hoffen lassen und eine Verständigung der
Nationen sich alsbald verwirklichen.
Der Präsident schlägt keinen Frieden vor, er bietet nicht einmal seine Vermittlung
an. Er regt nur an, vertrauliche Erkundigungen einzuziehen, damit wir, die Reutralen,
zusammen mit den kriegführenden Staaten erfahren, wie nahe wohl das Ziel des
Friedens sein mag, wonach sich die ganze Menschheit mit heißem und immer wachsendem
Begehren sehnt. Der Präsident glaubt, daß der Geist, in dem er spricht, und die Ziele,
die er erstrebt, von allen Beteiligten verstanden werden. Er hofft zuversichtlich auf eine
Antwort, die neues Licht in die Angelegenheiten der Welt bringen wird.
11.
Nr. 16 340 P. Telegramm. 23. 12. 1916.
An den Reichskanzler.
Im Anschluß an den Telegrammwechsel des Generals Ludendorff mit
Staatssekretär Zimmermann über den U-Bootkrieg teile ich Euer Exzellenz
meine Ansicht dahingehend mit, daß wir nach der militärischen Lage keine
Zeit verlieren dürfen, um zunächst zur verabredeten Torpedierung der be-
waffneten feindlichen Handelsschiffe zu kommen.
Die Entente führt mit allen Mitteln den Krieg weiter; daran besteht
kein Zweifel, nachdem wir in allen Parlamenten eine so scharfe Absage be-
kommen haben. Auch Wilsons Bestrebungen können daran nichts ändern,
wenn unsere Gegner sich nicht selbst Lügen strafen wollen. Ich halte das
Wilsonsche Angebot für von England hervorgerufen, um uns hinzuhalten.
Wir können meines Erachtens aus nationalen Gründen in Rücksicht auf
unsere starke militärische Position“) darauf jetzt nicht mehr eingehen. Es
würde daher ein schweres und militärisch nicht zu rechtfertigendes Unter-
lassen sein, wollten wir uns irgendwie hinhalten lassen.
Dies würde auch die Armee, die am Feinde steht, in gleicher Weise
empfinden. Offiziere und Soldaten erwarten den rücksichtslosen Einsatz
aller Kraft. Die Stimmung der Armee darf nicht übersehen werden, wenn
ihr nicht die Kampffreudigkeit genommen werden soll.
Ich bitte daher Euer Exzellenz, bei der Durchführung der bezüglichen
diplomatischen Schritte sich auch von diesen Gesichtspunkten leiten zu lassen.
Mit der Torpedierung der bewaffneten feindlichen Handelsschiffe wird
England allein noch nicht niedergeworfen werden. Schärfere Maß-
nahmen müssen Platz greifen, um den Willen Englands zu brechen.
Gelegentlich der Besprechungen Ende August in Pleß haben Euer
Exzellenz den Entschluß zum verschärften U-Bootkrieg abhängig gemacht
von meiner Erklärung, daß ich nach der militärischen Lage den Augenblick
*) Den Reutralen gegenüber. Der Verfasser.