320 XVI. Über den U-Bootkrieg, das Friedensangebot und die Stellung Wilsons
erheben, welche auf die Alliierten die Verantwortung für den Krieg abwälzen will
und die den Sieg der Zentralmächte verkündete.
Die Alliierten können diese doppelt unrichtige Behauptung nicht zulassen, die
genügt, jeden Verhandlungsversuch zur Unfruchtbarkeit zu verurteilen.
Die alliierten Nationen ertragen seit 30 Monaten einen Krieg, zu dessen Ver-
meidung sie alles getan haben, sie haben durch Taten ihre Anhänglichkeit an den
Frieden nachgewiesen. Diese Anhänglichkeit ist jetzt ebenso fest wie im Jahre 1914;
nachdem Deutschland seine Verpflichtungen verletzt hat, kann der von ihm gebrochene
Friede nicht auf sein Wort gegründet werden.
Eine Anregung ohne Bedingungen für Eröffnung von Verhandlungen ist kein
Friedensangebot. Der angebliche Vorschlag, der jeden greifbaren Inhaltes und jeder
Genauigkeit entbehrend durch die Kaiserliche Regierung in Umlauf gesetzt wurde,
erscheint weniger als ein Friedensangebot, denn als ein Kriegsmanöver.
Er beruht auf der systematischen Verkennung des Charakters des Streites in der
Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft.
Für die Vergangenheit übersieht die deutsche Note die Tatsachen, die Daten
und die Zahlen, die feststellen, daß der Krieg gewollt, hervorgerufen und erklärt
worden ist durch Deutschland und Österreich-Ungarn. Im Haag war es der deutsche
Vertreter, der jeden Vorschlag der Abrüstung ablehnte; im Juli 1914 war es Österreich-
Ungarn, das, nachdem es an Serbien ein beispielloses Ultimatum gerichtet hatte, diesem
den Krieg erklärte, trotz der sofort erlangten Genugtuung. Die Mittelmächte haben
darauf alle Versuche zurückgewiesen, die von der Entente gemacht wurden, um einem
örtlichen Streit eine friedliche Lösung zu verschaffen.
Das Konferenzangebot Englands, der französische Vorschlag eines internationalen
Ausschusses, die Bitte des Kaisers von Rußland an den Deutschen Kaiser um ein
Schiedsgericht, das zwischen Rußland und Österreich-Ungarn am Vorabend des Kon-
fliktes zustande gekommene Einvernehmen (entente) — alle Anstrengungen sind von
Deutschland ohne Antwort oder ohne Folge gelassen worden. Belgien wurde durch ein
Reich überfallen, das seine Neutralität gewährleistet hatte und das sich nicht scheute,
selbst zu erklären, daß Verträge „Fetzen Papier“ wären und daß „Not kein Gebot“
kennt,.
Für die Gegenwart stützt sich das angebliche Angebot Deutschlands auf eine
ausschließlich europäische „Kriegskarte“, die nur den äußeren und vorübergehenden
Schein der Lage und nicht die wirkliche Stärke der Gegner ausdrückt. Ein Friede,
der unter solchen Voraussetzungen geschlossen wird, würde einzig den Angreifern zum
Vorteil gereichen, die geglaubt hatten, ihr Ziel in zwei Monaten erreichen zu können
und nun nach zwei Jahren merken, daß sie es niemals erreichen werden.
Für die Zukunft verlangen die durch die Kriegserklärung Deutschlands ver-
ursachten Verwüstungen, die unzähligen Attentate, die Deutschland und seine Ver-
bündeten gegen die Kriegführenden und gegen die Neutralen verübt haben, Sühne,
Wiedergutmachungen und Bürgschaften (sanctions, reéparations, garanties). Deutsch-
land weicht listig dem einen wie dem anderen aus.
In Wirklichkeit ist die durch die Zentralmächte gemachte Eröffnung weiter nichts
als ein wohlberechneter Versuch, auf die Entwicklung des Krieges einzuwirken und zum
Schlusse einen deutschen Frieden aufzunötigen.
Sie beabsichtigt, die öffentliche Meinung in den alliierten Ländern zu verwirren.
Diese Meinung hat aber trotz aller Opfer, denen sie zugestimmt, schon mit bewunderns-
werter Festigkeit geantwortet und die Hohlheit der feindlichen Erklärung ins Licht
gestellt.
Sie will die öffentliche Meinung Deutschlands und seiner Verbündeten stärken,
die schon schwer geprüft sind durch ihre Verluste, zermürbt durch die wirtschaftliche
Rot und zusammengebrochen unter der äußersten Anstrengung, die von ihren Völkern
verlangt wird. —-
Sie sucht die öffentliche Meinung der neutralen Länder zu täuschen und einzu-
schüchtern, die sich schon seit langem über die ursprüngliche Verantwortlichkeit ein Urteil