Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Antwort der Verbandsmächte auf Wilsons Friedensvermittlung 327 
  
  
italienischen Irredenta an Italien oder jede andere der Gebietsveränderungen, die in 
der Note der Alliierten angegeben werden. 
Es ist augenscheinlich, daß solche territorialen Wiederherstellungen, wenn sie auch 
die Gelegenheiten zum Kriege vermindern können, keine hinreichende Sicherheit gegen 
dessen Wiederkehr bieten, wenn Deutschland oder vielmehr diejenigen Kreise in Deutsch- 
land, die seine öffentliche Meinung bilden und seine Geschicke leiten, sich wiederum vor- 
nehmen, die Welt zu beherrschen. Sie mögen dann zwar finden, daß das Abenteuer 
durch die neue Ordnung der Dinge schwieriger, aber kaum, daß es unmöglich ge- 
worden ist. Sie werden immer noch ein politisches System zur Hand haben, das durch 
und durch auf militärischer Grundlage aufgebaut ist. Sie werden weiter große Vor- 
räte militärischer Ausrüstungsgegenstände anhäufen und weiter ihre Angriffsmethoden 
vervollkommnen, so daß ihre friedlicheren Nachbarn niedergeschlagen werden können, 
bevor sie sich selbst zur Verteidigung vorzubereiten vermögen. Wenn in dieser Weise 
Europa, sobald der Krieg vorbei ist, weit ärmer an Leuten, Geld und gegenseitigem 
guten Willen ist, als es zur Zeit des Kriegsbeginns war, trotzdem aber nicht in 
größerer Sicherheit sich befinden wird, dann werden die Zukunftshoffnungen für die 
Welt, die der Präsident hegt, ihrer Erfüllung ferner als jemals sein. Es gibt Leute, 
welche glauben, daß internationale Verträge und Gesetze für diese traurigen Zustände 
eine hinreichende Vorsorge zu treffen vermögen. Aber solche Leute haben die Lehren 
schlecht begriffen, die von der neuesten Geschichte so klar aufgestellt worden sind. Wäh- 
rend die anderen Nationen, insbesondere die Vereinigten Staaten und Großbritannien, 
danach strebten, durch Schiedsgerichtsverträge die Sicherheit zu gewinnen, daß keine 
Aussicht auf einen Streit den Frieden stören könne, den sie dauernd zu gestalten 
wünschten, stand Deutschland abseits. Seine Geschichtschreiber und Philosophen pre- 
digten den Glanz des Krieges. Die Macht wurde als das wahre Ziel des Staates 
proklamiert. Der Generalstab schmiedete mit der unermüdlichen Industrie zusammen 
die Waffen, mit denen im geeigneten Augenblick der Machtgedanke vollendet werden 
sollte. Diese Tatsachen bewiesen klar genug, daß Vertragsabschlüsse zur Aufrechterhal- 
tung des Friedens nicht dazu angetan waren, viel Geneigtheit in Berlin zu finden, 
und ließen darauf schließen, daß derartige einstmals abgeschlossene Verträge schließlich 
unwirksam werden könnten. Das sprang erst in die Augen, als der Krieg ausgebrochen 
war, aber dann war die Beweisführung dafür allerdings überwältigend. Solange 
Deutschland das Deutschland bleibt, das ohne einen Schatten von Berechtigung in bar- 
barischer Weise ein Land überrannte und mißhandelte, zu dessen Verteidigung es ver- 
pflichtet war, kann kein Staat seine Rechte als geschützt ansehen, wenn er keinen 
besseren Schutz für sie besitzt als einen feierlichen Vertrag. 
Der Fall wird noch schwieriger gestaltet durch die Überlegung, daß diese Me- 
thoden berechneter Grausamkeit von den Mittelmächten nicht nur dazu bestimmt sind, 
diesenigen zu zerschmettern und aufzureiben, mit denen sie sich im Krieg befinden, 
sondern auch dazu, diejenigen einzuschüchtern, mit denen sie noch im Frieden leben. 
Belgien war nicht bloß ein Opfer, es war ein Beispiel. Die Neutralen wurden darauf 
hingewiesen, sich die Schandtaten zu merken, von denen seine Eroberung begleitet war: 
die Schreckensherrschaft, die seiner Besetzung folgte, die Wegschaffung eines Teils seiner 
Bevölkerung und die grausame Unterdrückung des zurückbleibenden Teils. Und damit 
die entweder durch die britische Flotte oder durch ihre eigene vor den deutschen Armeen 
glücklicherweise geschützten Völker sich trotzdem vor den deutschen Methoden nicht sicher 
glauben sollten, wetteiferte das Unterseeboot innerhalb seines Wirkungsbereichs be- 
harrlich mit den barbarischen Praktiken der Schwesterwaffe. Die Kriegsstäbe der Zen- 
tralmächte sind es sicher zufrieden, die Welt in Schrecken zu versetzen, wenn sie sie nur 
auf diese Weise ihrer Schreckensherrschaft unterwerfen können. 
Wenn dann die Mittelmächte erfolgreich sind, so werden sie solchen Methoden 
ihren Erfolg verdanken. Wie kann irgendeine Reform der internationalen Beziehungen 
auf einen solchen Frieden gegründet werden? Ein solcher Friede würde den Triumph 
alles dessen bedeuten, was den Krieg gewiß und was ihn brutal macht. Es würde die
	        
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