Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Kampfausrüstung von Flugzeugen. — Fliegerorganisation 27 
  
  
daß Frankreichs Fliegerorganisation lediglich auf dem Papier steht oder 
stehen bleiben wird, muß ich entgegenhalten, daß hierin eine gefährliche 
Selbsttäuschung liegt. Selbst wenn bei der Durchführung der Organisation 
1912 noch Lücken bleiben, so bleibt doch unseren Maßnahmen gegenüber 
ein derartiges Plus übrig, daß die Franzosen mit vollem Recht auf ihre 
außerordentliche Überlegenheit auf diesem Gebiete mit stolzer Genugtuung 
blicken können. Daß diese überlegenheit bei einem Kriege für uns mit 
ebenso vielen Nachteilen verbunden ist, ist ohne weiteres klar. Es ist 
deshalb in hohem Maße bedenklich, daß dem Flugwesen bei uns nicht die 
entsprechende Förderung zuteil geworden ist und nach dem angezogenen 
Schreiben auch nicht zuteil wird. 
Nach Feststellung dieser Tatsache enthalte ich mich, auf Einzelheiten 
einzugehen. Ich will aber hervorheben, daß meiner Ansicht nach die Aus- 
gestaltung der Fliegerwesens ebenso planmäßig betrieben werden muß, wie 
die Organisation aller anderen Formationen des Heeres. Solange wir mit 
nicht klaren Zielen arbeiten, werden wir im Ernstfall nicht über das ver- 
fügen, womit wir auf dem Papier im Frieden rechnen. Die Schwierig- 
keiten in der Mobilmachung unserer Fliegerabteilungen seit dem Herbst 
vorigen Jahres ist ein lehrreiches Beispiel dafür. Außerdem hat die Be- 
arbeitung des Aufmarsches und damit die Vorbereitung für die Verwen- 
dung der Streitkräfte vor dem Feinde einen Umfang angenommen, der 
nur bei klaren Zielen bewältigt werden kann (s. m. Schreiben vom 15. 3. 
1912 Nr. 3717 1). Hierfür bin ich verantwortlich. Ich muß deshalb 
zunächst um möglichst baldige Aufklärung über die endgültigen Maß- 
nahmen für den Herbst dieses Jahres ersuchen. 
Nach wie vor halte ich Darmstadt nicht als die geeignete dritte Flieger- 
station. Sie gehört an die Grenze. 
Ganz besonders bedenklich ist es, daß für die Entwicklung des mili- 
tärischen Flugwesens in den Jahren 1913 bis 1916 Beschlüsse noch nicht 
gefaßt sind. Die neue Heeresvorlage legt den Mannschaftsbestand für diese 
Zeit fest. Daß wir mit dem am 1. 10. 1912 bereitgestellten Mannschafts- 
personal in dem Quinquennat auskommen werden, ist ausgeschlossen. Wir 
können also schon jetzt mit Sicherheit mit neuen Abkommandierungen und 
Schwächung des Etats rechnen, wo die Heeresvorlage noch nicht einmal 
beraten wird und wir Menschenmaterial in Überfluß haben. Die Gründe, 
die das Kriegsministerium für seine Stellungnahme angibt, kann ich nicht 
als stichhaltig bezeichnen. Wäre mir sicher Klarheit gegeben, so hätte ich 
gegen diese Unvollständigkeit der Heeresvorlage Einspruch erhoben. Ich 
stelle ausdrücklich fest, daß sich das Kriegsministerium in bezug auf diesen 
Punkt der Heeresvorlage nicht in Übereinstimmung mit mir befindet und 
daß mir keine Möglichkeit gegeben wurde, mich noch vor Abschluß der
	        
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