Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Amerika tritt noch nicht in den Krieg. Über die O. H. L. und den U-Bootkrieg 345 
  
27. 
Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 16. 10. 1918. 
Nr. 71 357 M II. 
An den Reichskanzler. 
Ein Artikel des Prof. v. Schulze-Gaevernitz „Wilsons Friedensver- 
mittlung“ — Voff. Zeitung, Abendausg. vom 8. 10. 1918 — rollt die 
Frage auf, wen die Schuld träfe, durch die Erklärung des rücksichtslosen 
U-Bootkrieges eine damalige Friedensaktion des Präsidenten der Ver- 
einigten Staaten zum Scheitern gebracht zu haben. 
Zur Klarstellung sehe ich mich veranlaßt, Euer Großh. Hoheit folgende 
Ausführungen zu übersenden, die auf Aktenmaterial beruhen. 
Bei Übernahme meiner jetzigen Stellung hat der frühere Reichskanzler 
v. Bethmann Hollweg gelegentlich einer Aussprache zu Schloß Pleß am 
30. 8. 1916 den Entschluß zum verschärften U-Bootkrieg von meiner Er- 
klärung abhängig gemacht, daß ich nach der militärischen Lage den Augen- 
blick für gekommen ansähe. Die damalige militärische Lage — Rumänien 
hatte soeben den Krieg erklärt, äußerst schwere Kämpfe wogten an der Ost- 
und Westfront — ließ diese Erklärung mit Rücksicht auf die Neutralen 
nicht zu. 
Ende Dezember 1916 war Rumänien besiegt, die Lage blieb aber eine 
außerordentlich ernste. Wir sahen uns für 1917 stark überlegenen An- 
griffen in Ost und West ausgesetzt, denen standzuhalten um so schwieriger 
erscheinen mußte, als das Hindenburgprogramm erst eingeleitet war. Wir 
mußten befürchten, daß wir überlegenem Menschen= und namentlich Ma- 
terialeinsatz erliegen würden. Von der russischen Revolution lagen noch 
keine Anzeichen vor, im Gegenteil plante Rußland große Neuformationen. 
Im Westen war eine gewaltige Materialüberlegenheit, die den Kämpfern 
der Sommeschlacht nur zu gut bekannt war. So mußten wir trotz aller 
Bedenken zu dem Mittel greifen, das die feindliche Materialüberlegenheit 
eindämmen konnte, nämlich zum rücksichtslosen U-Bootkrieg. Deshalb 
wurde am 20. 12. 1916 dem Auswärtigen Amt gedrahtet, daß nunmehr 
der U-Bootkrieg mit aller Schärfe einsetzen müsse. 
Am 23. 12. 1916 habe ich dem Herrn Reichskanzler diese Mitteilung 
dahin genauer präzisiert, daß der Augenblick für den Beginn des rücksichts- 
losen U.Bootkrieges Ende Januar 1917 da sein werde. 
Der Herr Reichskanzler erklärte sich am 24. 12. 1916 zur Einleitung 
von Besprechungen über den rücksichtslosen U-Bootkrieg bereit, sobald 
unsere Friedensaktion durch die eventuelle Antwort der Entente zu einem 
gewissen Abschluß gelangt sei. In Wiederholung früherer Ausführungen 
vom 6. 10. 1916 legte der Herr Reichskanzler dabei seine Stellung in fol-
	        
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