Über die O. H. L. und den U. Bootkrieg 340
Drucksache Nr. 358 des Hauptausschusses des Reichstages vom 7. Oktober 1916
lautet wie folgt:
„Namens sämtlicher Fraktionsmitglieder der Zentrumsfraktion im Ausschuß für
den Reichshaushalt ist folgende Erklärung abgegeben worden:
Für die politische Entscheidung über die Kriegführung ist dem Reichstag gegen-
über der Reichskanzler allein verantwortlich. Die Entscheidung des Reichskanzlers
wird sich dabei wesentlich auf die Entschließung der Obersten Heeresleitung zu stützen
haben. Fällt die Entscheidung für die Führung des rücksichtslosen U-Bootkrieges
aus, so darf der Reichskanzler des Einverständnisses des Reichstages sicher sein.““
2. Die in den Schlußsätzen des Schreibens vom 16. Oktober 1918 niedergelegten
Behauptungen werden im deutschen Volke verbreitet. Die Verhandlungen vor dem
Untersuchungsausschuß haben ihre Unwahrheit erwiesen.
Der frühere Reichskanzler v. Bethmann hat das Schreiben ausführlich erwidert.
Die Antwort kam erst während der Verhandlungen vor dem Untersuchungsausschuß zu
meiner Kenntnis. Sie enthält nichts, was zu verzeichnen von Bedeutung wäre.
Der Verfasser.
28.
Jur Beurteilung der Polikik Wilsons aus den Akten des 2. Unkersuchungs-
ausschusses.
A.
a) Aus der Vernehmung des früheren Reichskanzlers v. Bethmonn Hollweg vom
31. Oktober: „Über die amerikanischen Waffen= und Munitionslieferungen mochte man
völkerrechtlich denken, wie man wolle, tatsächlich bedeuten sie nach Lage der Sache eine
einseitige Begünstigung unserer Feinde, ohne die der Krieg nach aller Wahrscheinlichkeit
sehr viel früher zu Ende gegangen wäre. Uns ist stets gesagt worden. Präsident Wil-
son könne aus völkerrechtlichen Gründen nichts gegen diese Lieferungen unternehmen.
Es muß aber doch sehr zweifelhaft sein, ob er auch ohne diesen Hindernisgrund ein-
geschritten wäre. Graf Bernstorff hat hier die ungeheuer wichtige
Mitteilung gemacht, Präsident Wilson habe ihn unmittelbar nach unserer
Sussex-Note durch Oberst House wissen lassen, er könne gegen die völterrechtswidrigen
Seemaßnahmen Englands nichts machen, weil die öffentliche Meinung seines Landes
das wegen der Verflechtung des amerikanischen Handels mit der
Entente rnicht zulassen würde. Diese Mitteilung scheint mir doch in zwei Be-
ziehungen von fundamentaler Bedeutung zu sein. Einmal — ich will das hier nur
tatsächlich feststellen — hatte uns Wilson wiederholt erklärt, er werde, falls wir von
dem unbeschränkten U-Bootkrieg ließen, England zur Londoner Deklaration zurück-
bringen. Nun, durch unsere Sussex-Note hatten wir die Wilsonsche Voraussetzung
erfüllt. Sodann erweist die Mitteilung des Oberst House, daß Amerika fest an die
Schranken gebunden war, die ihm durch enge Geschäftsgemeinschaften seines Landes
mit England gezogen waren.
Es ist klar, daß Wilson bei solcher Situation auch rasscchilich seiner geplanten
Friedensaktion in seiner Handlungsfreiheit stark beschränkt war.
b) Aus der Vernehmung des früheren Reichskanzlers vom u. November: „Der
Graf Bernstorff hat heute eine Bekundung gemacht, die mir von durchschlagender
Bedeutung zu sein scheint. Er hat seine Überzeugung ausgesprochen, daß Amerika von
dem Eintritt in den Krieg gegen Deutschland nur hätte abgehalten werden können
dadurch, daß wir Amerika als Friedensvermittler annahmen. Ich glaube, daß diese
Überzeugung des Grafen Bernstorff durchaus richtig ist. Mit ihr steht ja auch das