576 XVII. Der Sonderfriedensversuch des Hauses Parma-Bourbon
ausschlössen. Dieser Krieg hat eine neue Ara der Weltgeschichte eröffnet;
er hat keine Vorbilder und keine Vorakten. Die Welt ist nicht mehr die.
selbe, wie sie noch vor drei Jahren war, und vergeblich wird man nach
Analogien für alle die Vorgänge, die heute zur Alltäglichkeit geworden sind,
in der Weltgeschichte suchen. — Der Staatsmann, der nicht blind oder taub
ist, muß wahrnehmen, daß die dumpfe Verzweiflung der Bevölkerung täg-
lich zunimmt: er muß das dumpfe Grollen hören, das in den breiten
Massen vernehmbar ist, und er muß, wenn er sich seiner Verantwortung
bewußt ist, mit diesem Faktor rechnen. — Euer Mojestät sind die geheimen
Berichte der Statthalter bekannt; zwei Sachen sind klar. Auf unsere
Slawen wirkt die russische Revolution stärker als auf die Reichsdeutschen,
und die Verantwortung für die Fortsetzung des Krieges ist weitaus größer
für den Monarchen, dessen Land nur durch das Band der Dynastie geeinigt
wird, als für den, wo das Volk selbst für seine nationale Selbständigkeit
kämpft. Euer Mocjestät wissen, daß der Druck, der auf der Bevölkerung
lastet, einen Grad angenommen hat, der einfach unerträglich wird; Euer
Majestät wissen, daß der Bogen dermaßen gespannt ist, daß ein Zerreißen
täglich erwartet werden kann. Treten aber erst einmal ernstere Unruhen
bei uns oder in Deutschland zutage, so ist es unmöglich, ein solches Faktum
vor dem Auslande zu verheimlichen, und in diesem Augenblicke sind auch
alle weiteren Bemühungen, den Frieden zu erreichen, erfolglos geworden.
Ich glaube nicht, daß die interne Situation in Deutschland wesentlich anders
steht als hier, nur fürchte ich, daß man sich in Berlin in den militärischen
Kreisen gewissen Täuschungen hingibt. Ich habe die feste Überzeugung, daß
auch Deutschland, genau ebenso wie wir, an dem Ende seiner Kraft an-
gelangt ist, wie dies ja die verantwortlichen politischen Faktoren Berlins
auch gar nicht leugnen.
Ich bin felsenfest davon durchdrungen, daß, wenn Deutschland ver-
suchen sollte, eine weitere Winterkampagne zu führen, sich im Innern des
Reiches jedenfalls Umwälzungen ergeben werden, welche mir als dem ver-
antwortlichen Verteidiger des dynastischen Prinzips viel ärger erscheinen
als ein von den Monarchen geschlossener schlechter Friede. Wenn die Mon-
archen der Zentralmächte nicht imstande sind, in den nächsten Monaten den
Frieden zu schließen, dann werden es die Völker über ihre Köpfe hinüber
machen, und dann werden die Wogen der revolutionären Vorgänge alles
das wegschwemmen, wofür unsere Brüder und Söhne heute noch kämpfen
und sterben.
Ich möchte gewiß keine oratio pro domo halten, aber ich bitte Euer
Majestät, Sich gnädigst erinnern zu wollen, daß, als ich als einziger seit
zwei Jahren den rumänischen Krieg vorausgesagt habe, ich nur tauben
Ohren gepredigt habe, und daß ich, als ich zwei Monate vor dem Kriegs-