380 XVII. Der Sonderfriedensversuch des Hauses Parma-Bourbon
Berlin, 4. 5. 1917.
Euer Majestät Befehl entsprechend bitte ich, zu dem wiederange-
schlossenen Exposé des k. u. k. Herrn Ministers des Außeren vom 12. v. M.
nachstehendes alleruntertänigst vortragen zu dürfen.
Seit Abfassung des Exposé sind die Franzosen und Engländer im
Westen zu der angekündigten großen Durchbruchsoffensive unter rücksichts-
losem Einsatz starker Menschenmassen und ungeheuren Kriegsmaterials auf
breiter Front übergegangen. Die deutsche Armee hat den gewaltigen An-
prall der an Zahl weit überlegenen Feinde aufgehalten; an dem Helden-
mut der Mannschaften und dem stählernen Willen der Führer werden, wie
wir fest zu hoffen berechtigt sind, auch weitere Angriffe zerschellen.
Mit der gleichen Zuversicht dürfen wir nach allen bisherigen Er-
fahrungen des Krieges die Lage der verbündeten Armee am Isonzo be-
urteilen.
Die Ostfront ist durch die politischen Umwälzungen in Rußland erheb-
lich entlastet; mit einer Offensive der Russen im größeren Stil ist nicht
mehr zu rechnen. Eine zunehmende Erleichterung der dortigen Lage würde
weitere Kräfte freimachen, selbst wenn eine starke Absperrung der russischen
Grenze gegen ein lokales Übergreifen der revolutionären Bewegung sich als
notwendig erweisen sollte. Mit diesem Zuschuß würden sich die Kräftever-
hältnisse im Westen zu unseren Gunsten verschieben. Die Entlastung im
Osten würde ferner der österreichisch-ungarischen Monarchie weiteres Men-
schenmaterial zur erfolgreichen Durchführung der Kämpfe an der italieni-
schen Front bis zur Beendigung des Krieges verschaffen.
Rohmaterial für Munitionserzeugung ist in beiden verbündeten Mon-
archien hinreichend vorhanden.
Den Waffenerfolgen der Armee reihen sich die Taten unserer Marine
an. Als Admiral v. Holtzendorff Seiner Apostol. Majestät über die Aus-
sichten des geplanten U-Bootkrieges Vortrag halten durfte, waren hier vor-
her die Aussichten für den Erfolg dieser einschneidenden Maßnahme ein-
gehend geprüft und die zu erwartenden militärischen Vorteile genau gegen
das politische Risiko abgewogen worden. Wir hatten uns nicht der Er-
kenntnis verschlossen, daß die Verhängung der Seesperre um England und
Frankreich den Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika in den Krieg
und in späterer Folge ein Abbröckeln anderer neutraler Staaten herbei-
führen würde. Wir waren uns dessen völlig bewußt, daß unsere Gegner
hierdurch eine moralische und wirtschaftliche Stärkung erfuhren, waren und
sind aber der Überzeugung, daß dieser Nachteil durch die Vorteile des
U-Bootkrieges weit übertroffen wird. Das Schwergewicht des Welt-
kampfes, der im Osten seinen Anfang nahm, hat sich im Laufe der Zeit in
zunehmendem Maße nach dem Westen verschoben, wo englische Zähigkeit