Forts. d. Verhandlungen unter Mitwirkung v. Bethmann Hollwegs u. ihr Scheitern 387
der heldenhaft verteidigte, mit dem Blut unserer Soldaten getränkte Boden
einen für uns unvergleichlich höheren Wert hat als irgendein neues Gebiet.
2. Welches sind die Garantien, die uns geboten werden, daß bei einer
Friedenskonferenz die Integrität der Monarchie (mit den evtl. jetzt be-
schlossenen Grenzrektifikationen) bestehen bleibt?
3. Eine definitive Antwort kann erst nach Beantwortung der vor—
stehenden zwei Punkte gegeben werden, da Österreich-Ungarn erst dann mit
seinen Verbündeten in Besprechungen eintreten kann.
4. Immerhin ist Österreich bereit, die Besprechungen fortzusetzen, und
nach wie vor geneigt, für ehrenvollen Frieden zu arbeiten, um damit
auch den allgemeinen Weltfrieden anzubahnen.
Der Prinz hielt den Frieden für gesichert. Die Diplomaten sollten
bestimmt werden, die in der Schweiz die näheren Vereinbarungen zu
treffen hätten.
Wie nach der ersten Anwesenheit des Prinzen Sixtus in Wien Ende
März fand auch diesmal eine Zusammenkunft zwischen dem Reichskanzler
und Graf Czernin statt. Bei der Entente mußte hierdurch die Anschauung
Platz greifen, daß Österreich von Deutschland vorgeschoben sei. Der Kriegs-
wille der Entente mußte hierdurch steigen.
Der ehemalige deutsche Botschafter in Wien, Graf Wedel, teilt in den
„Hamburger Nachrichten“ folgendes mit, wobei er allerdings die Vorgänge
erheblich anders schildert, als Prinz Sixtus es tut:
„Im Mai erschienen die Brüder Sixtus und Kaver von Parma plötzlich in
Wien. Nur der Hof scheint ihren Besuch vorher gewußt und arrangiert zu
haben. Sie wurden von einem Offizier an der Schweizer Grenze in Empfang
genommen und im Auto nach der Hauptstadt geleitet. Sie hielten sich dort einige
Tage möglichst diskret auf, doch wurde ihre Anwesenheit bemerkt und viel be-
sprochen. Prinz Sixtus teilte mit, er sei von Poincaré ermächtigt, zu sagen, die En-
tente sei geneigt, mit Wien wegen einer Verständigung zu sprechen. Auf die Frage
des Grafen Czernin, ob an einen allgemeinen Frieden gedacht werde, in den Deutsch-
land eingeschlossen werden könne, konnte Prinz Sixtus zwar nicht mit einem klaren
„Ja“ antworten, erklärte aber, er habe keinen Grund, die Frage zu verneinen, man
wende in Paris nichts dagegen ein, daß Wien die Angelegenheit mit Berlin bespreche.
Hiervon machte Czernin dem Reichskanzler sofort Mitteilung. Herr von Bethmann
kam unverzüglich selbst am 13. Mai nach Wien — es war sein letzter Besuch in der
österreichischen Hauptstadt. Der Auffassung Czernins, daß man nichts versäumen dürfe,
um dem blutigen Ringen ein Ende zu machen, und eine entgegenkommende Antwort zu
geben sei, stimmte Herr von Bethmann rückhaltlos zu. Da Prinz Sixtus Bedingun-
gen nicht mitgebracht hatte, waren beide Staatsmänner der Meinung, daß man Be-
dingungen besser nicht erwähnen, sondern antworten solle, die Mittelmächte seien zu
einer Besprechung jederzeit gern bereit, die Entente möge den Modus wählen, der ihr
geeignet scheine, den durch Prinz Sixtus angeknüpften Faden weiter zu spinnen.
Gedacht war eventuell an eine Zusammenkunft Beauftragter der kriegführenden Mächte
in der Schweiz, um die Basis für weitere Verhandlungen zu finden, und dieser Ge-
danke wurde wohl auch in der Unterredung zwischen dem Prinzen Sixtus und dem
Grafen Czernin zum Ausdruck gebracht. Mit dieser Antwort fuhr Prinz Sixtus be-
257