Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

398 XVIII. Zur Kanzlerkrise und Friedensresolution Juli 1917 
  
  
werden. Ist der Ausfall der Ernte, dem die größte Bedeutung zukommt, 
im allgemeinen von menschlichem Zutun unabhängig, so darf ich mich be- 
züglich der Kohlenversorgung auf die inzwischen erfolgten mündlichen Mit- 
teilungen des Herrn Staatssekretärs des Innern beziehen. 
Bei der Darlegung der von der Weiterführung des Unterseebootkrieges 
zu erwartenden Wirkungen erscheint mir bei aller Zuversicht Vorsicht ge- 
boten. Die auf statistische Berechnungen gegründeten Voraussagen haben 
sich als zu unzuverlässig erwiesen, als daß sie mit Überzeugungskraft 
wiederholt werden könnten. Dagegen muß die Eindämmung der inneren 
Streitigkeiten mit allen Mitteln angestrebt werden. Die Kriegszielfrage 
sollte ganz ruhen, keinesfalls zu einem Gegenstande gemacht werden, bei 
dem die verschiedenen Volksteile, womöglich nach ihrer politischen Partei- 
richtung und unter Anrufung militärischer und politischer Autoritäten, 
gegeneinander ausgespielt werden. Die Aussichten eines Friedens, den 
wir diktieren könnten, sind in so unbestimmte und jedenfalls in so weite 
Fernen gerückt, daß die Vorspiegelung eines fetten Friedens bei dem langen 
und schweren Weg, den wir noch zu durchlaufen haben, zu neuen und ver- 
derblichen Enttäuschungen führen müßte. Im Gegensatz hierzu scheint mir 
allein die Tatsache schärfster Betonung zu bedürfen, daß wir einem Heloten- 
dasein entgegengehen, wenn wir nachgeben wollten, so lange bei unseren 
Feinden noch keine Friedensneigung durchbricht. Jede scharfe Ver- 
urteilung des Gedankens an einen Verständigungsfrieden muß dagegen 
unterbleiben. Sollte sich die Vorstellung festsetzen, daß wir bei der jetzigen 
Kriegslage Friedensmöglichkeiten wegen der Unerreichbarkeit bestimmter 
Kriegsziele ausschlügen, so wären unabsehbare Folgen für die innere 
Widerstandsfähigkeit gewiß. Auch die Rücksicht auf Österreich-Ungarn, wo 
die antideutsche Stimmung stetig wächst, führt zwingend zu demselben 
Schluß. 
Für die Neuordnung unserer inneren politischen Zustände hat der 
Ostererlaß Seiner Majestät die Wege gewiesen. Ich will dahingestellt sein 
lassen, inwieweit diese Fragen die Gedanken in den Schützengräben und 
in der Etappe bewegen, wobei ich allerdings die Ansicht, daß dort nur 
sehr wenig Interesse dafür bestehe, für irrig halte. In der Heimat jedenfalls 
beanspruchen diese Fragen die größte Bedeutung. Die verbreitete und 
schwer zu bekämpfende Vorstellung, daß sich die Gegner der Neuordnung 
eines starken, vielleicht im Endergebnis entscheidenden Rückhaltes erfreuen, 
trägt in die gesamte innere Lage ein Moment täglich wachsender Umuhe, 
die radikale Forderungen belebt, die Gesamtsituation aber schwächt. 
Bei den vorstehenden Erwägungen gehe ich von folgender Beurteilung 
der Kriegslage aus. 
Über den Herbst hinaus wird sich Österreich-Ungarn schwerlich an der
	        
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