Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Antwort des Reichskanzlers vom 25. Juni 399 
  
  
Stange halten lassen. Daß bis dahin England durch den Unterseebootskrieg 
zur Kapitulation gezwungen werden könnte, erscheint ausgeschlossen. Selbst 
wenn wir imstande sein sollten, allein den Krieg über den Winter fortzu- 
führen, können wir nicht damit rechnen, im nächsten Frühjahr oder über- 
haupt zu irgendeinem im voraus bestimmbaren Zeitpunkt durch den Unter- 
seebootskrieg völlige Meister unserer Feinde zu werden. Allerdings ver- 
nichtet ein energisch geführter Unterseebootskrieg mehr an Tonnage, als neu 
gebaut werden kann. Niemand aber kann bestimmen, bei welcher Unter- 
grenze den Feinden die Fortführung des Krieges tatsächlich unmöglich wird. 
Nach aller menschlichen Voraussicht wird diese Grenze jedenfalls erst zu 
einer Zeit erreicht, die wir vernünftiger Weise nicht mehr in unsere 
Rechnung stellen können. Hingegen ist die Aussicht nicht ausgeschlossen, 
daß wir England, wenn auch nicht niederringen, so doch noch zur rechten 
Zeit zum Einlenken bringen können. Voraussetzung dafür aber ist, daß sich 
England, als die Seele des Krieges, zu Friedensverhandlungen entschließt. 
Die Entwicklung der russischen Zustände kann darauf einwirken, wird aber 
vor der Hand schwerlich entscheidend sein. Aus Frankreich mehren sich 
zwar die Stimmen, welche von wachsender Kriegsmüdigkeit und be- 
ginnender Erschütterung des régime Poincaré berichten. Ein den Frieden 
erzwingender Zusammenbruch Frankreichs darf aber nach dem Beitritt 
Amerikas zum Kriege kaum mehr erhofft werden. So bleibt England. 
Aufgabe unserer Politik und Kriegführung ist es deshalb, durch energische 
Fortführung des U-Bootkrieges England so sehr als möglich zu schwächen, 
gleichzeitig aber alles zu unterlassen, was den Entschluß Englands zur An- 
knüpfung von Friedensverhandlungen erschweren könnte. So lange Lloyd 
George am Ruder bleibt, halte ich jede Hoffnung für illusorisch. Seine 
Stellung scheint nicht mehr vollkommen fest zu sein. Wirklich gefährdet 
kann sie aber nur werden, wenn die Kriegsmüdigkeit der breiten Massen 
des englischen Volkes zunimmt und bei den intelligenten und führenden 
Schichten die Erkenntnis durchbricht, daß bei ruhiger Überlegung die Be- 
endigung des Krieges seiner Fortsetzung vorzuziehen ist. Entscheidend für 
eine solche Entwicklung ist selbstverständlich die überzeugung von unserer 
Unbezwingbarkeit im Außern und im Innern. Hierauf also haben wir 
das Hauptgewicht zu legen. Helfen aber können wir außerdem, wenn wir 
die chauvinistischen und kriegstreibenden Instinkte des englischen Volkes 
nicht ohne Not aufpeitschen. In dieser Beziehung hat unzweifelhaft der 
letzte Luftangriff auf London eine verheerende Wirkung ausgeübt. Er hat 
nach zuverlässigsten Nachrichten die Wut des englischen Volkes derart ge- 
steigert, daß englische Staatsmänner, die an sich einem Friedensschluß 
geneigt wären, erklärt haben, keine englische Regierung, die nach solchen 
Vorgängen mit Deutschland verhandeln wolle, würde sich auch nur einen
	        
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