402 XVIII. Zur Kanzlerkrise und Friedensresolution Juli 1917
Zeiten entscheidender Kampftätigkeit, in denen das Heer die Aufgabe des
unbedingten Standhaltens erfüllen muß, von heute auf morgen gar nicht
mäslich ist. Das Feldheer hat vom November 1916 ab bereits 160 000 Fach-
arbeiter — einen sehr wertvollen Bestandteil seiner Kraft — zur Ver-
fügung gestellt; trotzdem hoffe ich, die Kohlenarbeiter so rechtzeitig zurück-
schicken zu können, daß durch ihre Arbeit ernste Schwierigkeiten im Winter
vermieden werden. Sollte das aber wider Erwarten nicht möglich sein,
so betone ich schon jetzt — um das Hochkommen anderer Urteile soweit als
möglich zu verhindern — daß ich die Schuld an solchen Zuständen lediglich
in den Versäumnissen und Fehlgriffen früherer Zeit und der anfänglichen
Scheu vor durchgreifenden Maßnahmen erblicken kann. Ein Abladen der
Schuld auf meine Schultern, wie es seinerzeit mit völligem Unrecht in der
polnischen Frage und in der Frage der belgischen Arbeiter geschah, lehne
ich im voraus ab.
Den zweiten Grund der inneren Unzufriedenheit erblicke ich, wie
eingangs erwähnt, in den innerpolitischen Unstimmigkeiten. In immer ver-
stärktem Maße wird aus der bei Beginn des Krieges vorhandenen Ge-
schlossenheit eine Zerrissenheit, wie sie selbst in den schlimmsten Zeiten vor
dem Kriege nicht bestand. Der Grund ist mir klar. Der Einfluß unver-
antwortlicher Organe auf die Volksstimmung ist stärker als der der Re-
gierung und der zur Führung des Volkes berufenen Beamtenschaft. Dieser
Zustand wäre nicht eingetreten, wenn im Volke die Überzeugung herrschen
würde, daß die Regierung mit festem Willen, ohne nach rechts und
links und nach außen zu sehen, ihren Weg geht. So aber wirkt auf die
Volksstimmung — insonderheit in der Kriegszielfrage und auf dem Gebiet
der Neuorientierung — nicht die Rücksicht auf das allgemeine Staatswohl,
sondern ungehemmt diejenige auf Privat-, Partei= und Sonderinteressen.
Das hat notgedrungen zu den inneren Gegensätzen und Zwistigkeiten
geführt.
Ich bin daher der Ansicht, daß innere Schwierigkeiten viel mehr
als die getäuschten Hoffnungen auf ein nahes Kriegsende die Schuld am
Sinken der Stimmung tragen.
Was Euer Exzellenz Ausführungen über diese getäuschten Hoffnungen
im Zusammenhang mit dem Unterseebootkrieg und mit der allgemeinen
Lage anbetrifft, so kann ich auch sie nicht unwidersprochen lassen.
Das Feldheer hat sich ohne weiteres mit der Möglichkeit eines
weiteren Kriegswinters abgefunden. Es ist jedem einzelnen Soldaten am
Feinde selbstverständlich, daß alle Gefahren, Entbehrungen und Nöte er-
tragen werden müssen, bis wir zu einem brauchbaren Frieden gelangt sind.
Ich denke, es müßte nicht schwer sein, in der Heimat die gleichen Emp-
findungen und Ansichten zu wecken und zu erhalten, wenn dem Volke von