Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Aktenauszug ũber die Kanzlerkrise. 405 
  
  
Seine Majestät begab sich nach seiner Ankunft in Berlin am 7. 7. 
3,26 Uhr nachmittags zunächst zum Reichskanzler, auf dessen ausdrückliches 
Verlangen. Beim darauffolgenden Kronvortrag der O. H. L. und des 
Kriegsministers im Schloß Bellevue entschied Seine Majestät, daß der 
Kronvortrag eine innere, die militärischen Stellen daher nicht berührende 
Angelegenheit betreffe. Die O. H. L. fuhr am 7. 7. 11 Uhr abends nach 
Kreuznach zurück. 
9. 7. 11 Uhr vormittags meldet Oberstleutnant v. Haeften, daß inner- 
halb der vier Fraktionen des Reichtages Nationalliberale, Zentrum, Frei- 
sinn, Sozialdemokratie ein „Forderungsprogramm“ aufgestellt sei, das 
heute dem Kanzler vorgelegt werden solle: Allgemeines, gleiches Wahlrecht 
für Preußen, parlamentarisches Ministerium. Der Kanzler werde das 
Prävenire spielen. Seine Majestät soll mit diesem Vorgehen einverstanden 
sein, um 6 Uhr nachmittags solle ein Kronrat stattfinden. Letzteres wurde 
durch Staatssekretär Solf dem Oberstleutnant v. Haeften bestätigt. 
1 Uhr nachmittags geht aus Kreuznach folgendes Fernschreiben an 
den Chef des Militärkabinetts ab: 
Bitte um Mitteilung, ob Kronrat stattfindet. Zutreffenden Falles dürfte 
O. H. L. nicht ungehört bleiben, sofern Fragen erörtert werden, welche die 
militärpolitische Lage und den Geist der Armee berühren können. Ich halte 
es für meine Pflicht, hierauf hinzuweisen und besonders hervorzuheben, 
daß jeder Entschluß in innerpolitischen Verhältnissen eine Entwicklung bei 
uns bringt, die in ihrer Rückwirkung auf das Ausland und auf die 
Stimmung der eigenen Armee von der HO. H. L. in die Beurteilung der 
Kriegführung eingestellt werden muß. gez. v. Hinden burg. 
10 Uhr abends trifft folgende Antwort ein: 
Seine Majestät haben auf Euer Exzellenz Telegramm folgendes ge- 
antwortet: 
„Kronrat ist zur Orientierung des Königs von Preußen von diesem 
über innere preußische Angelegenheiten berufen. Entscheidung wird nicht 
gefällt. Armee durch Kriegeminister verfassungsmäßig vertreten. Ich halte 
Anwesenheit O. H. L. nicht für nötig. gez. Wilhelm.“ 
Chef des Militärkabinetts Freiherr v. Lyncker. 
1 Uhr nachmittags teilt Oberstleutnant v. Haeften mit, daß heute vor- 
mittag im Hauptausschuß des Reichstages Abgeordneter Stresemann vom 
Reichskanzler Auskunft gefordert habe, warum die HO. H. L. in Berlin ge- 
wesen und so schnell wieder abgereist sei. Man habe um Aufklärung über 
die militärische Lage durch die O. H. L. gebeten. Dem Vernehmen nach sei 
sie dazu bereit gewesen, aber durch die Reichsleitung daran verhindert
	        
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