406 XVIII. Zur Kanzlerkrise und Friedensresolution Juli 1917
worden. Man brauche die Aufklärung, um seine Entschlüsse fassen zu
können.
Der Reichskanzler habe ausweichend geantwortet. Ein Konflikt scheine
sich anzubahnen.
Am 10. 7. um 11 Uhr vormittags teilt Oberstleutnant v. Haeften mit:
Der gestrige Kronrat hatte kein Ergebnis, die Mehrheit der anwesenden
Minister und Staatssekretäre war dafür. Seine Mojestät hat noch nicht
Stellung genommen. «
Der Kanzler reichte seinen Abschied ein. Am gleichen Tage ging
folgendes Telegramm an Generaloberst v. Plessen:
„Sollte wirklich Kanzlerwechsel eintreten, möchte ich bemerken, daß
ich zwar selbst den Fürsten Bülow kaum kenne und daher auch kein Interesse
an seiner etwaigen Ernennung habe, daß er mir aber von vielen Seiten
als derjenige bezeichnet worden ist, der allein imstande ist, die schwierige
Erbschaft jetzt zu übernehmen. Ich würde daher gewiß gut mit ihm zu-
sammen arbeiten können, sofern ihm erneut das Vertrauen Seiner Majestät
beschieden sein sollte."
Um 5 Uhr nachmittags teilt Oberstleutnant v. Haeften mit: Die Zu-
sammensetzung des gestrigen Kronrats — Staatssekretäre und preußische
Minister — war ein Manöver des Kanzlers. Die Mehrheit der preu-
Wischen Minister und ein Staatssekretär haben gegen Einführung des
gleichen Wahlrechts in Preußen gestimmt.
Am 11. 7. 1 Uhr nachmittags teilt Oberstleutnant v. Haeften mit:
Der Kronprinz ist auf Befehl Seiner Majestät in Berlin eingetroffen.
Botschafter Prinz Hohenlohe hat heute ein Telegramm aus Wien über-
geben, in dem Österreich bittet, den Kanzler nicht zu entlassen, keinesfalls
den Fürsten Bülow zu nehmen.
Das Abschiedsgesuch des Kanzlers wurde daraufhin am 11. 7. vor-
mittags abgelehnt.
Am 12. 7. vormittags empfing der Kronprinz sechs Parteiführer
einzeln. Hierbei sprachen sich vier von ihnen, Graf Westarp, Erzberger,
Stresemann, Mertin, für sofortigen Kanzlerwechsel, v. Payer und David
zurückhaltend aus.
Der Kronprinz wird 5 Uhr nachmittags mit einer auf Grund seiner
Aussprache mit den Parteiführern verfaßten Niederschrift vom Kaiser
empfangen.
2,50 nachmittags überreichte Hauptmann v. Hülsen die ihm chiffriert
zugegangenen Telegramme des Herrn Generalfeldmarschalls und des Ge-
nerals Ludendorff über die Absendung der Abschiedsgesuche dem General
Frhrn. v. Lyncker.
Die Abschiedsgesuche gingen 7,31 abends mit Feldjäger ab.