Aktenauszug über die Kanzlerkrise. 407
Abschiedsgesuch des Generals Ludendorff.
Gr. H. Qu., den 12. 7. 1917.
An des Kaisers und Königs Moajestät.
Euer Majestät haben sich in der schwersten Krise, die über Deutschland
und Preußen hereingebrochen ist, für den Verbleib des Leiters dieser Po-
litik, des Herrn Reichskanzlers, in seinem Amt entschieden.
Euer Majestät wissen, daß es für mich als verantwortliches Mitglied
der Obersten Heeresleitung unmöglich ist, zu dem Herrn Reichskanzler das
Vertrauen zu haben, das als Grundlage für eine nützliche Zusammenarbeit
zwischen dem Reichskanzler und der Obersten Heeresleitung zur glücklichen
Beendigung des Krieges unerläßlich ist, nachdem der Krieg nicht mehr
allein auf rein kriegerischem Gebiet ausgefochten werden kann. Das Vater-
land muß an diesem Mangel an vertrauensvoller Zusammenarbeit leiden.
Euer Majestät ausgleichender Befehl kann dies nicht verhindern.
Euer Majestät kann ich in meiner Stellung nicht mehr dienen, und
Euer Majestät bitte ich alleruntertänigst, mir den Abschied zu bewilligen.
gez. Ludendorff,
General der Infanterie und Erster Generalquartiermeister.
12. 7. um 4,25 nachmittags trifft folgendes Fernschreiben in Kreuz-
nach ein:
„Parteien noch nicht einig über Fassung einer Erklärung Friedens-
angebot. Umgehende Vorstellung der Heeresleitung an Majestät nötig,
daß Zustimmung des Kanzlers zu einer solchen Erklärung, die als Verzicht-
frieden aufgefaßt werden könnte, das größte Unheil anrichten und den
übelsten Einfluß auf das Heer haben müßte.
Ich versuche in demselben Sinne zu wirken, halte aber Mitwirkung der
Heeresleitung für nötig. Eile tut not, da vielleicht schon morgen eine Er-
klärung des Kanzlers in der Kommission gefordert werden kann. Für
Mitteilung des von dort Veranlaßten würde ich dankbar sein. v. Stein.“
Hierauf erging um 6,25 Uhr nachmittags folgendes Fernschreiben:
An des Kaisers und Königs Majestät!
Der Kriegsminister teilt mir mit, daß der Reichstag eine Erklärung
über ein Friedensangebot beabsichtige, das als Verzichtfrieden aufgefaßt
werden könnte. Ich hege gegen eine solche Erklärung die allerschwersten
Bedenken, da sie die bereits vorhandene Beunruhigung im Heere vermehren
und im jetzigen Augenblick als Zeichen innerer Schwäche aufgefaßt werden
würde. Sie würde nach den Außerungen des feindlichen Auslandes
keinerlei Entgegenkommen finden, vielmehr bei unseren Feinden den
Willen zum Durchkämpfen stärken. Euer Mojestät darf ich in Rücksicht
auf das Heer alleruntertänigst bitten, der Reichsleitung aufzugeben, daß
sie eine solche Erklärung verhindere. v. Hindenburg, Gen. Feldmarschall.