Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Protokoll des Majors v. Harbou über Besprechung der O. H. L. mit Abgeordneten 415 
  
  
Wie wird es im Frühjahr stehen, wenn wir nicht zum Frieden 
kommen? Der Gedanke an einen Winterfeldzug ist ungeheuer schwer zu 
tragen. 
Es hungern viele. Stimmung ist verzweifelt. Kommt der Friede 
nicht bald, so kann es zum Zusammenbruch kommen. Wir müssen 
bekunden: Wir führen Verteidigungskrieg, alldeutsche Ziele sind nicht die 
unsern, wir kämpfen für Haus und Hof, aber dafür bis zum letzten Bluts- 
tropfen. Was nützen uns auch sogenannte strategische Grenzen; der Begriff 
der Festungen ist doch überholt. Wir dürfen den Krieg nicht durch Ver- 
langen nach Eroberungen und Entschädigungen verlängern. Sprechen 
wir das aus, so kann der feindliche Zusammenbruch 
kommen. 
Abgeordneter Ebert: Den feindlichen Führern wird die Fort- 
setzung des Krieges erschwert, wenn wir die Resolution herausgeben. Die 
russischen Sozialisten wollen die übrigen Ententestaaten zur Verzicht- 
erklärung zwingen. Bezeichnend ist auch die Rede Thomas'. Wir 
müssen den Moment ausnutzen“). 
*) Der Abgeordnete Ebert gab sich hier einer schweren Täuschung hin. Er ver- 
darb, was er erstrebte. Noch kurz vorher hatte der sozialdemokratische Parteivorstand 
annähernd richtig gesehen. In dem Heft „Die Kriegspolitik der Partei im Lichte der 
wirtschaftlichen Tatsachen. Ein Appell an Denkendel“ schildert er richtig die Gefahr 
einer Niederlage für den deutschen Arbeiter, an der dieser mit seinem persönlichen 
Schicksal, das Kapital nur sachlich interessiert sei. Er schließt: 
„Aber man komme uns nicht mit dem Einwand, es sei ganz und gar aus- 
geschlossen, daß die Feinde ein solches Ziel — Vernichtung der deutschen Wirtschafts- 
macht — erreichten. Deutschland steht mit seinen Verbündeten einsam in der Welt, 
es steht einer Koalition gegenüber, deren Volkszahl und Kapitalmacht der seinigen 
mehrfach überlegen ist, und die über die Hilfe aller anderen Länder verfügt. Trotz- 
dem glauben auch wir, daß es den Feinden nicht gelingen wird, uns ihre Kriegsziele 
aufzuzwingen — aber diese Zuversicht steht und fällt mit der Ein- 
mütigkeit des deutschen Volkes. Nur dieser Einmütigkeit hat es Deutsch- 
land zu danken, daß es sich der Feinde bisher erwehren konnte. Handelten wir so, 
wie es die Opposition verlangt, schlössen wir, die stärkste Massenpartei Deutschlands, 
uns von dieser Einmütigkeit aus, gäben wir, wie es die Opposition fordert, das 
Signal zur Störung des einmütigen Verteidigungswillens, dann wäre Deutschlands 
Schicksal besiegelt. Solange unser Volk in allen seinen Schichten nach außen einig 
bleibt, halten wir die Gefahren der wirtschaftlichen Erdrosselung in der Tat für ziem- 
lich fern; sobald diese Einigkeit aber verlorengeht, steht sie in furchtbarstem Ernst vor 
uns und hinge nur noch von dem Willen der feindlichen Koalition ab. 
Man kann unsere Haltung nur durch eins ins Unrecht setzen, nämlich durch den 
Nachweis, daß die feindlichen Regierungen nicht das Kriegsziel haben, Deutschlands 
Wirtschaftsmacht vernichtend zu treffen, daß sie im Gegenteil bereit seien, einen Frieden 
zu schließen, der unserem Lande auch nur die gleiche wirtschaftliche Bewegungsfreiheit 
ließe, die es vor dem Kriege hatte. Wäre es dies nachgewiesen — dann, ja dann 
müßten wir all unseren Einfluß aufbieten, um dem Kriege auch gegen den Willen 
der Regierung ein Ende zu machen! Wer aber nicht die ganze Kriegs- 
zeit verschlafen hat, der kann über die Absicht der feind- 
lichen Regierungen nicht mehr im Zweifel sein. Nach dem 
Hohn, mit dem man von drüben das deutsche Friedens-
	        
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