Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

450 XIX. Der Friedensvorschlag des Papstes und der „englische Friedensfühler" 
  
  
Sicherheit hervorrufen. Diese Zustände werden auf Rumänien zurück- 
wirken. Die Verhältnisse im Osten haben für uns eine sehr günstige Gestalt 
angenommen. Die übrigen Ententemächte werden mit Rußland und Ru- 
mänien nicht mehr in vollem Umfange rechnen können. Ahnliche Er- 
scheinungen weist unser Bündnis nicht auf. 
Italien rechnet anscheinend auf einen Erfolg in der 12. Isonzo-Schlacht. 
Der wird ihm versagt bleiben. Die inneren Verhältnisse treiben damit zur 
Krise. Die Kohlennot muß sehr groß werden. 
Daß das neue Ministerium in Frankreich für die Dauer kriegerischer 
sein wird als das bisherige, ist nicht anzunehmen. Das Gegenteil ist zu 
erwarten. Auch Frankreich steht vor einer Kohlennot. 
Alle neuen Nachrichten aus England stimmen darin überein, daß der 
U-Bootkrieg wirkt, daß die Ernährungslage schwierig ist, und daß die 
englische Regierung mit starken sozialen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. 
Der Drang nach Frieden in England wird stärker. Ich brauche mich hier- 
über nicht näher auszulassen. Sollte England ernsthafte Schritte unter- 
nehmen, so wäre das ein Zeichen, daß es nicht mehr glaubt, den Sieg zu 
gewinnen. Von hier bis zur Überzeugung, daß es nur noch verlieren kann, 
ist kein weiter Schritt. 
Die Hoffnung der Entente seit Rußlands Niedergang ist Amerika. 
Es darf, wenn auch nicht unterschätzt, aber auch nicht überschätzt werden. 
Zur Zeit scheint England zu befürchten, daß die Führung der Entente an 
Amerika übergeht. 
Wie das Verhältnis zu Italien und seinen Bundesgenossen ist, mag 
dahingestellt bleiben, jedenfalls sind starke Reibungen unter den Gliedern 
der Entente entstanden. 
Große kriegerische Erfolge hat das Jahr 1917 der Entente bisher nicht 
gebracht. Nur Mesopotamien ist von England gewonnen. Die großen 
Waffenerfolge zu Lande und zu Wasser (U-Boote) stehen auf unserer Seite. 
Ich ziehe den Schluß. 
Unsere militärische Lage ist günstiger als die der Entente. Unser 
Bündnis ist fester. Die Schwierigkeiten im Innern sind bei uns geringer 
als bei der Entente. 
Trotzdem bin auch ich der Ansicht, daß ein Frieden für uns vor Beginn 
des Winters erstrebenswert ist, wenn er uns das Nötigste bringt, was wir 
zur Sicherstellung unserer späteren wirtschaftlichen Entwicklung bedürfen, 
und uns in eine wirtschaftliche und militärische Lage versetzt, die uns einem 
neuen Verteidigungskrieg mit Ruhe ins Auge sehen läßt. 
Die Kraftquellen unseres wirtschaftlichen und unseres militärischen 
Widerstandes liegen — außer in der Armee und Flotte — in der Land- 
wirtschaft, den Bodenschätzen und unserer stark entwickelten Industrie.
	        
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