Funkentelegraphische Verbindung Deutschlands mit seinen Kolonien 41
in Begriff, durch weitere Stationen seine Kolonialbesitzungen bis zum
Kongo und nach Madagaskar hin anzuschließen.
Da solche funkentelegraphischen Verbindungen für militärische Zwecke
nur dann Wert besitzen, wenn die einzelnen Stationen sich in geschützter
Lage auf eigenem Staatsgebiet befinden, so stellt sich für Deutschland die
Möglichkeit einer solchen Verbindung ungleich schwieriger wie für die
beiden vorerwähnten Staaten. Denn die Überbrückung der Entfernung
zwischen Deutschland und seinen afrikanischen Kolonien setzt Reichweiten
von etwa 6000 km voraus.
Nach dem Urteil der maßgebenden Behörden und nach der Über—
zeugung der leitenden Stellen unserer deutschen funkentelegraphischen Ge-
sellschaften darf, den Bau genügend starker Stationen vorausgesetzt, er-
wartet werden, daß sich solche Reichweiten erzielen lassen.
Die Entscheidung bleibt demnach voraussichtlich lediglich eine
Geldfrage.
Bisher konnten nur verhältnismäßig geringe Mittel für die Durch-
führung der Vorversuche zur Verfügung gestellt werden, und es ist noch
nicht gelungen, die Vorfrage in zuverlässiger Weise zu klären. Sollten
auch die schwebenden, durch die Zerstörung der Empfangsstation in Togo
bedauerlicherweise stark verzögerten Versuche zu keinem vollkommenen Er-
gebnis führen, so kann doch von einem Aufgeben des Projekts nicht die
Rede sein, sondern nur von einer Fortsetzung auf vollkommenerer Grund-
lage. Die militärischen Interessen verlangen dies unbedingt. Denn neben
den eingangs dargelegten Gründen kommt für sie noch ein weiterer äußerst
wichtiger Gesichtspunkt in Betracht.
Deutschland kann z. Z. im Falle eines Krieges nur auf die Nach-
richtenübermittlung aus unmittelbar angrenzenden neutral bleibenden
Staaten rechnen. Bereits die Übermittlung von Nachrichten aus Spanien,
Norwegen und Schweden, ebenso aus Nordafrika und Asien ist ohne In-
anspruchnahme fremder Kabel nicht möglich. Wie gering die Wahrschein-
lichkeit ist, daß letztere für unseren Nachrichtendienst in Kriegszeiten ver-
fügbar bleiben, habe ich schon oben dargelegt. Bleiben wir aber auf den
Eingang von Nachrichten lediglich aus angrenzenden neutralen Ländern
beschränkt, so liegt hierin die hohe Gefahr, daß unsere Heeresleitung in
allen Abschnitten eines Krieges über die Vorgänge bei ihren Gegnern un-
zulänglich unterrichtet wird. Gerade durch das Anwachsen aller Verkehrs-
mittel und Verkehrsmöglichkeiten hat ihre Ausnutzung für einen dauernden
zuverlässigen Nachrichtendienst für die Operationen der großen Heere der
Gegenwart eine entscheidende Bedeutung gewonnen.
Die wichtigsten Punkte für die Erlangung von Nachrichten werden im
Falle eines europäischen Krieges die großen Handelszentren der Vereinig-