Zwei Vorschläge zu einer deutschen politischen Offenswe 485
die englische Heimatfront einstürzt, hätten wir auch in Frankreich und
Italien den moralischen Zusammenbruch zu gewärtigen. Dann würde eine
Situation in der Entente eintreten, die einmal „New Statesman“
folgendermaßen gekennzeichnet hat:
„Wenn eine Friedenspartei in irgendeinem der kriegführenden En-
tenteländer die Macht an sich zu bringen im Begriffe stände, dann würde
über die übrigen alliierten Völker Torschlußpanik kommen und sie
würden sich beeilen, mit Deutschland handelseinig zu werden.“
Ein solches Ergebnis wird unsere siegreiche Offensive allein, ohne
politische Unterstützung, nicht herbeiführen.
Zweifellos haben unsere Waffenerfolge, namentlich die jüngsten, eine
große Wirkung bei unseren Feinden bereits ausgelöst. Das Vertrauen zur
politischen und militärischen Führung der Entente hat einen schweren Stoß
erlitten. Diese Erfolge allein werden uns aber den Frieden nicht bringen;
dazu bedürfen wir eines politischen Sieges hinter den feindlichen Fronten.
Wie bereits erwähnt, wird nach Beendigung der Operationen des Jahres
1918 eine gewaltige Friedensbewegung durch die ganze Welt gehen. Hierin
liegt nicht nur für unsere Feinde, sondern auch für uns selbst eine große
Gefahr, vor der wir die Augen nicht schließen dürfen. Schon jetzt sind
bei der Entente die Kriegshetzer an der Arbeit, jede Friedensströmung in
ihren Ländern zu unterdrücken, um den Krieg über den fünften Kriegs-
winter in das Jahr 1919 hinüberzuretten, „bis die Amerikaner da sind“.
Das wird ihr gelingen, wenn wir weiter politisch untätig bleiben. Heute
haben die Völker der Entente zum großen Teil den festen Glauben an ein
entscheidendes Eingreifen Amerikas im Jahre 1919. Hieraus ergibt sich
für uns die selbstverständliche Aufgabe, nichts unversucht zu lassen, um die
Friedensbewegung bei unseren Feinden so zu stärken, daß sie bei ihnen
zuerst in panikartige Formen ausartet und den Zusammenbruch der inne-
ren Front herbeiführt.
Dieses Ziel soll und kann die vorgeschlagene politische Offensive er-
reichen. Eine solche gibt uns zugleich die Möglichkeit, die Friedensbewe-
gung bei uns in der Heimat fest in der Hand zu behalten und sie selber zu
leiten. Übernehmen wir hier nicht eine starke, zielbewußte Führung, so
werden uns die radikalen und national unsicheren Elemente die Führung
aus der Hand nehmen und die ganze Bewegung wird in Scheidemann-
Erzbergerische Bahnen gleiten, wie im Juli 1917. Dann kann die
Friedensbewegung bei uns in der Heimat zu einer Friedenskatastrophe
führen. Das ist keine Schwarzseherei, sondern pflichtmäßiges Bestreben,
die Dinge anzusehen, wie sie wirklich sind, und den Gefahren, ihrer mög-
lichen Entwicklung vorausschauend, zu begegnen.