Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

490 XXI. Verschiedenes aus der ersten Jahreshälfte 1918 
  
  
der Murman-Bahn und der ostsibirischen Bahn festzusetzen, um damit 
Herr in Rußland zu werden. Jetzt änderte die Sowjet-Regierung ihr 
Gesicht und erklärte plötzlich, die tschechisch-slowakischen usw. Truppen ent- 
waffnen zu wollen. Ihre ganze Verlogenheit kommt darin zum Ausdruck. 
Ich will hier noch erwähnen, daß die Forderungen der Sopjet- 
Regierung in Kiew immer weitgehender wurden, sobald sie erkannte, 
daß wir tatsächlich die Demarkationslinie nicht überschreiten würden, 
obschon sie anderseits immer wieder gegen unser vermeintliches Vor- 
rücken protestierte. 
Die Sowjet-Regierung beginnt, soweit ich es übersehen kann, uns 
gegenüber die gleiche Haltung anzunehmen, wie bei den ersten Brester 
Verhandlungen. Sie verschleppt alle für uns wichtigen Fragen und arbeitet, 
wo sie immer kann, gegen uns. Wir haben von dieser Sowjet-Regierung 
nichts zu erwarten, obschon sie nur von unserer Gnade lebt. Sie ist für 
uns eine dauernde Gefahr, die sich nur dann mindern wird, wenn sie 
uns weiter als unbedingten Herrn anerkennt und, aus Furcht vor 
Deutschland und Sorge für ihren eigenen Bestand, sich uns willfährig 
erweist. Es scheint mir daher ein starkes und rücksichtsloses Auftreten der 
Sowjet-Regierung gegenüber noch immer am Platz; wir müssen ihr gegen- 
über die Forderungen, die unsere militärische Lage verlangt, unbedingt 
und schnell durchsetzen, um wirklich im Osten keine Überraschungen un- 
angenehmer Art zu erleben. 
Die Sowjet-Regierung hat bisher den Beweis nicht erbracht, daß sie 
ein Land zu regieren imstande ist. Bisher hat sie zerstört, jetzt will sie 
in scharfer Rechtsorientierung aufbauen. Hierzu fehlt ihr der Beamte. 
Jedenfalls sind starke Strömungen vorhanden, die gegen die Sowjet-Re- 
gierung arbeiten; dies müssen wir berücksichtigen. 
Wenn wir auch offiziell nur mit der Sowjet-Regierung verhandeln, 
so haben wir doch auch Beziehungen zu anderen Strömungen in Groß- 
rußland zu unterhalten, damit wir nicht plötzlich ohne Anhang dastehen. 
Auf die Anhänger Kerenskis ist kein Verlaß, sie sind ganz im Fahrwasser 
der Entente. Dagegen müssen wir mit den rechtsstehenden, mehr mon- 
archischen Gruppen in einer Weise Fühlung aufnehmen und sie so be- 
einflussen, daß die monarchistische Bewegung ganz nach unseren Wünschen 
marschiert, wenn sie sich Geltung verschafft. Ihre Bedeutung hat auch die 
Entente erkannt. Wie ich zuverlässig erfahre, hat sie bereits durch den 
französischen Gesandten Noulens den Monarchisten ihre Unterstützung bei 
der Sammlung der konservativen Elemente und Einführung einer kon- 
stitutionellen Monarchie angeboten. Das Angebot ist in höflicher Form 
entgegengenommen, aber vorläufig nicht beantwortet worden. 
Auf wirtschaftlichem Gebiet müsseen wir noch vor dem allgemeinen 
Frieden mit den russischen Völkerschaften zu klaren Abmachungen kommen,
	        
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