Beurteilung unserer Lage durch General Pershing 4905
der amerikanischen Anstrengungen besser zu verstehen und zu würdigen,
ist es daher wünschenswert, die wichtigsten Ereignisse beim Kriegsbeginn
zu berücksichtigen.
Obgleich der deutsche Einfall von 1914 in seiner ursprünglichen Absicht
fehlgeschlagen war, hatten die deutschen Armeen doch wichtige Eroberungen
gemacht. Deutsche Streitkräfte waren im Besitz von Belgien und der
reichen Industriegebiete Nordfrankreichs. Die deutschen Armeen hielten
eine stark befestigte Linie von 468 Meilen Länge, die sich von Newport
am Kanal bis zur Schweizer Grenze ausdehnte. Die Truppen standen
48 Meilen von Paris. Die Initiative war bei den Deutschen. Im Osten
zwang die Schnelligkeit der russischen Mobilisation, gerade vor der Marne-
schlacht Truppen nach diesem Frontabschnitt zu senden, aber Ende 1914
waren die russischen Armeen aus Ostpreußen vertrieben und auf Warschau
zurückgeworfen. Wegen der moralischen Wirkung auf den Islam und der
anhaltenden Bedrohung der Verbindung der Alliierten nach dem fernen
Osten führte der Eintritt der Türkei in den Krieg zu einem Angriff der
Alliierten auf die Dardanellen.
Lage im Sommer 1915.
Italien verband sich mit den Alliierten und gab ihnen neue Kraft, da-
gegen trat Bulgarien zu den Mittelmächten. Die drohende Lage an der
russischen Front und auf dem Balkan zwang Deutschland zu einer sofortigen
Offensive im Osten und zur Defensive an der Westfront. Deutsche Armeen
siegten an den masurischen Seen, in Galizien und vor Warschau, Brest-
Litowsk und Wilna. Die Mittelmächte überrannten Serbien und Mon-
tenegro, während die italienischen Armeen Österreich zwangen, annähernd
die Hälfte seiner Streitkräfte gegen sie aufzustellen. Im Westen brachten
die Angriffe der französischen und britischen Armeen den Deutschen be-
deutende Verluste. Aber die Ziele waren begrenzt, und der Erfolg blieb
örtlich. Die Dardanellen-Expedition, fehlgeschlagen in ihrer Ausführung,
wurde im Januar 1916 eingestellt. In Mesopotamien waren die Opera-
tionen der Alliierten auch nicht erfolgreich. Obgleich die britische Flotte
zur See in der Übermacht war, hatte sich doch die deutsche U-Bootblockade
als eine ernste Bedrohung der alliierten Schiffahrt entwickelt.
Lage 1916.
Deutschland, gestützt auf seine Erfolge im Osten, griff im Frühjahr
1916 Verdun an. Aber Rußland, noch nicht geschlagen, begann Anfang
Juni, unterstützt durch die Offensive der Italiener im Westen, den großen,
für Österreich unglücklichen Vormarsch in Galizien.
Rumänien trat auf die Seite der Alliierten und unternahm den viel-
versprechenden Angriff gegen Österreich. Die englischen und französischen