506 XXIIFriedensverhandlungen
beweis zu den Ausführungen des Weißbuchs in dem Gespräch, das Euer
Exzellenz Ende September 1918 mit mir führten.
Damals sagten mir Euer Exzellenz: Ich habe am 13./14. August im
Einverständnis mit dem Generalfeldmarschall dem Reichskanzler und dem
Staatssekretär v. Hintze erklärt, daß wir den Krieg militärisch nicht mehr,
ie bisher gehofft, zum siegreichen Abschluß bringen können, daß es daher
geboten wäre, durch das neutrale Ausland Friedensverhandlungen einzu-
leiten. Se. Majestät habe die Königin von Holland vorgeschlagen, die auch
dazu bereit sein solle.
Auf meine mehr als erstaunte Frage, warum denn in dieser Richtung
nichts weiter geschehen oder erreicht sei, meinten Euer Exzellenz: Das liegt
wohl an dem schwerfällig arbeitenden Apparat des Auswärtigen Amtes.
Ich will dem Staatssekretär daraus keinen Vorwurf machen.
Ich bewunderte dieses schonende Urteil.
Jetzt, wo Euer Exzellenz Verhalten anders geschildert wird, darf ich
an jenes Gespräch erinnern und mich als Zeugen zur Wahrheit stellen.
Natürlich kann ich mich auf den genauen Wortlaut in jenem Gespräch nicht
mehr festlegen, inhaltlich war es ganz so verlaufen wie angeführt.
Es bestätigte mir, wenn auch in seinen Motiven anders, als ich im
August 1918 angenommen, eine Außerung, die Euer Exzellenz im letzt-
genannten Monat taten, als ich auf die Verpflegungssorgen des kommen-
den Winters hinwies: „Sorgen Sie sich da nicht zu sehr, der Krieg wird
dieses Jahr nicht überdauern.“
Ahnlich hatte sich mir gegenüber zur selben Zeit der damalige Ka-
binettschef Sr. Majestät, Exzellenz v. Berg, ausgesprochen.
Ich mußte damals annehmen, daß es gelungen sei, mit England Ver-
handlungen anzubahnen, die, wie mir schon seit Januar 1918 bekannt, von
Euer Exzellenz stets gewünscht waren. Ich erinnere mich dabei an den
Versuch, der ungefähr zu dieser Zeit auf Anregung von Exzellenz v. Braun")
mit Euer Exzellenz Genehmigung durch in England bekannte Vertreter
von Handel und Industrie mit der Londoner City unter Vermittlung eines
Neutralen gemacht werden sollte und der infolge mangelnden Entgegen-
kommens des Auswärtigen Amtes bzw. der in Frage kommenden Ge-
sandtschaften im Keime erstickte.
Nach dem Septembergespräch aber wurde es mir klar, daß Euer Ex-
zellenz und ebenso Herr v. Berg bei den Augustäußerungen den dem
Staatssekretär v. Hintze erteilten Auftrag im Auge gehabt haben.
gez. v. Eisenhart.
*) Unterstaatssekretär im Kriegsernährungsamt.