Besprechungen über eine neutrale Friedensvermittlung u. d. Buriansche Friedensschritt 513
Reichskanzlers auf die Erklärung des Landesrats vom 11. Dezember 1917
Wuna den Luauern zugesagt. (Luauen wurde als freier und unabhängiger
Staat auf der Grundlage der genannien Erklärungen, d. h. mit der Haupt-
stadt Wuna, anertannt.) Angesichts der Haltung des Landesrats in letzter
Zeu könnte man aber auf dem Konfliktswege wohl von dieser Zusage wieder
loskommen. Als selbständiger Staat würde das verkleinerte Luauen aller-
dings wohl nur in der Personalunion mit dem Reiche oder besser mit
Preußen möglich sein. Unruhen in Litauen wären zu erwarten, ihnen
müßte rechtzeulg, d. h. vor Bekanntwerden der neuen Wendung, munärisch
vorgebeugt werden.
Die von ... angeregte Volksabstimmung halte ich für unannehmbar,
sie würde zu einer wilden Aguaron führen und einen Vorgang von un-
übersehbaren Folgen schaffen. Sie könnte den Polen die Tür offnen, um
Anspruche auf andere angeblich polnische Gebiete auf dem gleichen Wege
zu verfolgen. Einen Schutz vor derartigen Ansprüchen halte ich ohnehin
für notwendig, denn ich sehe eine große Gefahr in diesem Zugriff Polens
auf einen Teil Litauens, dem leicht Ansprüche auf die übrigen Teue folgen
könnten. Es wäre deshalb in dem Bündnisvertrage die ausdrückliche Ver-
pflichtung zu fordern, daß Polen jegliche Ansprüche auf Litauen aufgibt
und jede polnische Agitation im Deutschen Reiche und in Litauen weder
veranlassen noch fördern wird.
Eine Karte mit einer Grenzlinie, wie sie der Lösung Warschau—Wilna
entsprechen würde, lasse ich Eurer Exzellenz zugehen.
Wenn ein größeres Litauen nicht mehr als gesichertes Aufmarsch-
gelände besteht, so sind die Brückenköpfe bei Ostrolenka, Lomza und Osso-
wiec ein unbedingtes militärisches Erfordernis, von dessen Durchsetzung ich
keine besonderen Schwierigkeiten erwarte.
Die von Euer Exzellenz erhoffte Einigung über die polnisch-ukrainische
Grenze würde ich mit Freuden begrüßen. Einen Vorschlag für die Grenz-
führung nach militärischen Gesichtspunkten lasse ich Euer Exzellenz zu-
gehen, sobald die beteiligten Dienststellen sich geäußert haben werden.
Um den Polen den Weg zur austro-polnischen Lösung möglichst zu
sperren, darf ich Euer Exzellenz anheimstellen, den aus militärischen Grün-
den dann zu fordernden Grenzstreifen so breit als möglich zu bemessen;
wenn Euer Exzellenz sich nicht bereits Polen oder Österreich-Ungarn gegen-
über auf den Grenzstreifen der Denkschrift vom 5. Juli 1918 festgelegt
haben sollten, der das Mindestmaß der militärischen Forderungen bildet.
Auch kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, daß bei einer austro-polni-
schen Lösung Polen keine gemeinsame Grenze mit Rußland erhalten,
sondern durch Litauen von Rußland getrennt sein würde.
I. A.: gez. Ludendorff.“
Urkunden der Obersten Heeresleltung 1916—1918. 33