536 XXII. Friedensverhandlungen
von erprobten Westdivisionen waren im Anrollen. Leider mußte ein Teil
von ihnen nach dem Balkan abgedreht werden. Der letzte wehrfähige
Mann aus dem Osten war herangezogen. Wir sahen mit Ruhe dem Ent-
scheidungskampf entgegen. An welchen Stellen der Front die Angriffe ein-
setzen würden, verstand die Entente geschickt zu verschleiern. Vom Meere
bis zur Schweiz zeigten sich Angriffsvorbereitungen. Am stärksten gegen
Lothringen und den Sundgau. Wir waren gezwungen, unsere Reserven
zu verteilen und die ganze Front mehr oder weniger abwehrbereit zu
halten. Namhafte Kräfte mußten besonders in Lothringen und dem Sund-
gau zum Schutz deutschen Bodens bereitgestellt werden.
Nach Durchführung der erforderlichen Bewegungen bestand die sichere
Zuversicht, die bevorstehenden Schlachten siegreich zu bestehen und den Ver-
nichtungswillen unserer Gegner durch ihre zu erwartenden großen Ver-
luste zu brechen.
In der Folge gelang es überall, den Feind da, wo er durch Tanks,
Überraschung oder Übermacht in unsere Linie eingedrungen war, aufzu-
halten, seinen Stoß durch rechtzeitig herangeführte Reserven aufzufangen.
Die Kämpfe der letzten sechs Tage sind trotz Einbuße an Gefangenen und
Gerät siegreich bestanden. Der Gegner hat im Vergleich mit unseren Er-
folgen in den Frühjahrsoffensiven geringe Fortschritte erzielt. An den
meisten Stellen sind seine mit ungewöhnlicher Zähigkeit fortgesetzten Stürme
abgewiesen. Nach Meldung unserer Truppen hat er schwerste Verluste er-
litten.
Unsere Truppen haben sich in überwiegender Zahl vortrefflich ge-
schlagen und Übermenschliches geleistet. Der alte Heldensinn ist nicht ver-
lorengegangen. Die feindliche Übermacht hat die Truppe nicht erschreckt.
Offizier und Mann wetteiferten miteinander.
Trotzdem mußte die Oberste Heeresleitung den ungeheuer schweren
Entschluß fassen, zu erklären, daß nach menschlichem Ermessen
keine Aussicht mehr besteht, dem Feinde den Frieden
auf zuzwingeny).
Entscheidend für den Ausgang sind vor allem zwei Tatsachen: Die
Tanks. Der Gegner setzte sie in unerwartet großen Mengen ein. Wo
sie, noch dazu nach sehr ausgiebiger Vernebelung unserer Stellungen, über-
raschend auftraten, waren ihnen häufig die Nerven unserer Leute nicht mehr
gewachsen. Dort brachen sie durch unsere vordersten Linien durch, bahnten
ihrer Infanterie den Weg, erschienen im Rücken, erzeugten örtliche Paniken
und brachten die Gefechtsführung durcheinander. Waren sie erst erkannt,
wurden unsere Tankabwehrwaffen und unsere Artillerie schnell mit ihnen
fertig. Dann aber war das Unglück schon geschehen, und lediglich aus den
*) Im Weißbuch hervorgehoben. Der Verfasser.