Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Das Friedens- und Waffenstillstandsangebot und die Revolution von oben 547 
  
  
von uns trennen und wir die Bedingungen des Präsidenten schließlich doch in ihrer 
ursprünglichen Form annehmen müssen. 
Im nachfolgenden sind unter: 
arabischen Ziffern die Fragen (Nr. 36 des Weißbuchs), unter 
I. die schriftliche Antwort (Nr. 43 des Weißbuchs) und unter 
II. die protokollarische Antwort (Nr. 38 des Weißbuchs) wiedergegeben. 
In der Sitzung hatte ich den Entwurf der schriftlichen Antwort zur Stelle. Die 
Fragen waren mir kurz vor der Sitzung zugestellt, die Antworten von mir sogleich in 
Blei entworfen worden. 
1. Wie lange kann die Armee den Feind jenseits der deutschen Grenzen halten, 
sei es in den jetzigen Stellungen, sei es in allmählicher Rückwärtsbewegung? 
I. Die Rheinprovinz kann noch längere Zeit gehalten werden, da sie von unseren 
jetzigen Stellungen weit entfernt liegt. Auf Elsaß-Lothringen ist jedoch jederzeit ein 
Angriff möglich, wenn auch augenblicklich nicht wahrscheinlich. 
II. Grenze der Westfront weit ab, können wir lange schützen. Angriffe in 
Lothringen möglich, Gefahr für lothringische Grenze sehe ich nicht. Wegen Holland 
sehe ich keine Gefahr, da Truppen, die etwa übertreten, interniert werden würden. 
2. Muß auch heute noch mit der Möglichkeit eines militärischen Zusammen- 
bruchs vor dem Frühjahr gerechnet werden und, bejahendenfalls, besteht diese Gefahr 
schon für die nächsten 3 bis 4 Wochen! 
I. Die Gefahr des Zusammenbruchs hat immer bestanden. Ich befürchte ihn 
nicht. Er ist aber möglich. 
II. Gefahr des Durchbruchs besteht immer. Engländer hätten beim ersten 
Tankangriff durchbrechen können. 
3. Wie lange wird der augenublickliche kritische Zustand voraussichtlich noch 
dauern? Ist der Gefahrpunkt überschritten, wenn der Feind sich zur Einstellung seiner 
Großangriffe genötigt sieht, und wann wird dies voraussichtlich der Fall sein? 
I. Es kann noch mehrere Wochen mit Großangriffen gerechnet werden. Werden 
sie vom Feinde eingestellt, so ist der Gefahrpunkt überschritten. 
II. Ja. Nur Großangriffe gefährlich. 
4. Kann nach Überwindung des Gefahrpunktes auf Konsolidierung unserer Front 
gerechnet werden und durch welche Mittel kann sie erreicht werden? 
I. Ja, durch Ausscheiden von Reserven. Möglichkeit der Ruhe für großen Teil 
des Westheeres, Heranziehung allen verfügbaren Ersatzes (Einstellung des Jahrgangs 
1900). 
5. Wie liegen die Verhälnisse des Mannschafts= und Materialersatzes?! 
I. Der monatliche, gegen Ausfall nicht gedeckte Fehlbetrag an Mannschaften 
beträgt mindestens 70 000 Mann. Der Materialersatz ist hinreichend. 
II. Uns fehlen im Monat 70 000. Material ist genügend da (im Protokoll fälsch- 
lich zu Frage 4 gesetzt). 
6. Kann beim Scheitern der gegenwärtigen Friedensaktion trotz des Abfalls 
eines der beiden uns noch verbliebenen Bundesgenossen der Krieg von uns allein bis 
zum Frühjahr fortgeführt werden? 
I. Wenn eine Kampfpause im Westen eintritt, ja. 
II. Wir brauchen eine Kampfpause dazu, dann können wir uns wieder konso- 
lidieren (im Protokoll fälschlich zu Frage 5). 
7. Verspricht sich Oberste Heeresleitung einen ausreichenden Kräftezuwachs von 
der levée en masse, wie von Walter Rathenau in der Vossischen Zeitung empfohlen ist? 
I. Eine levée en masse bringt keinen agusreichenden Kräftezuwachs, 
wohl aber (sind) energische Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung und Er- 
fassung des tatsächlich noch vorhandenen Materials (nötig). 
II. Nein. Ich verspreche mir trotz Menschenmangels von levée en masse nichts. 
Wir wollten immer Erhöhung der Arbeitsleistung. Ich kann nicht beurteilen, ob 
Drückeberger gefaßt werden könnten. Nach Ansicht der Obersten Heeresleitung sollte 
635“
	        
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