554 XXII. Friedensverhandlungen
allein, geheim und auf eigene Willensbestimmung den Weltfrieden zu stören, oder falls
diese Macht gegenwärtig nicht vernichtet werden kann, wenigstens ihre Herabminderung
bis zur tatsächlichen Ohnmacht.“ Und die Macht, welche bis jetzt das Schicksal der
deutschen Nation bestimmt hat, ist eine von denjenigen, welche der Präsident in dieser
Rede im Auge hat. Die deutsche Nation hat die Wahl, dies zu ändern. Die eben
erwähnten Worte des Präsidenten bilden natürlich eine Bedingung, die vor dem
Frieden erfüllt werden muß, wenn der Friede durch das Vorgehen des deutschen Volkes
selbst kommen soll. Der Präsident hält sich für verpflichtet, zu erklären, daß die ganze
Durchführung des Friedens seiner Ansicht nach von der Bestimmtheit und dem befriedi-
genden Charakter der Bürgschaften abhängen wird, welche in dieser grundlegenden
Frage gegeben werden können. Es ist unumgänglich, daß die gegen Deutschland
assoziierten Regierungen unzweideutig wissen, mit wem sie verhandeln. Der Präsident
wird eine besondere Antwort an die K. und K. Regierung von Österreich-Ungarn ab-
senden. Empfangen Sie, mein Herr, die erneute Versicherung meiner Hochschätzung.
Robert Lansing.
16.
Auszug aus der Sihtzung des Kriegskabinelts vom 16. Oklober.
„von Payer wies darauf hin, daß die Oberste Heeresleitung anrege,
eine Propaganda für die letzte Verteidigung zu schaffen. Das Kabinett sei der
Meinung, daß dazu jetzt noch nicht') die Zeit sei. Erst müsse das Kabinett
sich entschließen, was auf die Wilsonsche Note geschehen solle. Einstweilen
seien öffentliche Versammlungen und Reden über die Lage unerwünscht.
Man müsse klar sehen, ob die Truppen aus dem Osten weggezogen werden
könnten.
Oberst von Haeften bemerkt, daß Exzellenz Ludendorff morgen in
Berlin eintreffen werde. Die Fragen, die ihm zu stellen seien, würden
noch mit dem Kriegsminister präzisiert. Schon jetzt aber bitte die Oberste
Heeresleitung, folgende Gegenfragen zu beantworten:
1. Läßt die innere Lage zu, daß sämtliche Truppen vom Osten nach
dem Westen gebracht werden, oder besteht die Gefahr, daß der Bolsche-
wismus ins Land kommt?
2. Wird das deutsche Volk, nicht nur die Kreise der
Gebildeten, sondern in seinen breiten Massen, in
den Kampf bis zum äußersten mitgehen, wenn es das
Bewußtsein hat, daß sich dann unsere militärische
Lage genügend verstärkt, um das Eindringen der
Feinde über die Landesgrenze zu verhindern, oder
ist die moralische Widerstandskraft so erschöpft, daß
diese Frage nicht unbedingt bejaht werden kann?
Dabei handele es sich nicht um Zwang, sondern um
freien Willen.
*) Von mir hervorgehoben. Der Versasser.