Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Das Friedens- und Waffenstillstandsangebot und die Revolution von oben 567 
  
Oberst Heye: Die amerikanische Heeresleitung berechnet die Truppenzahl jetzt auf 
1200 000, für das nächste Frühjahr rechnet sie mit 2 300 000 Köpfen. 
Der Reichskanzler: Und ist das entsprechende Material da?s 
Oberst Heve: Ja, wenn es so weitergeht wie bisher, kann man damit rechnen. 
Die Amerikaner sind in ihren Angaben immer wahr gewesen. 
Der Reichskanzler: Auf wie hoch darf man die Frontstärke der Feinde im Westen 
letzt schätzen? 
Oberst Heye: Bei den Franzosen ist sie stark verringert, bei den Engländern wird 
sie sich auf derselben Höhe halten, weil sie vorläufig noch Ersatztruppen einstellen 
können, bei den Amerikanern wird sie sich vermehren. 
General Ludendorff: Die Ersatzfrage ist sehr schwer zu beurteilen. 
Voriges Jahr hatten die englischen Divisionen noch 12 Bataillone, heute nur 
noch 9. Es hängt sehr davon ab, wie die wirtschaftlichen Interessen liegen. Nach der 
Niederlage im März mußte zum Beispiel England die Kohlenarbeiter einziehen; zieht 
es jetzt wegen der Kohlennot die Leute wieder heraus, so schwächt das natürlich die 
Front. Auch politische Momente spielen mit; bis jetzt können sie die Irländer nicht 
einstellen, das Wehrgesetz geht da zunächst nicht durch. 
Der Reichskanzler: Also wir können bis nächstes Frühjahr 600 000 bis 700 000 
Mann Ersatz aufstellen, die Feinde 1 100 000 Mann, wenn ich nur die Amerikaner be- 
rechne; dazu kommen dann vielleicht die Italiener. Wird sich also zum Frühjahr unsere 
Lage verschlechtern oder verbessern? 
General Ludendorfff: Nach den Zahlen ist es keine Verschlechterung. Aber dazu 
kommt die Rückwirkung der Räumung auf unsere wirtschaftliche Lage; wenn wir zu- 
rückgehen, wird die Lage unserer Kriegsindustrie im höchsten Maße verschlechtert. Das 
konnte man ja immer voraussehen, daß, wenn wir aus dem Kriege mit unseren jetzigen 
Grenzen herauskommen, wir militärpolitisch und industriell viel schlechter stehen als 
früher. Das wird sich auch jetzt bei einer Räumung zeigen. 
Der Reichskanzler: Euere Exzellenz haben bis jetzt nur die Zahlen der Menschen 
erwähnt, aber es ist auch das Material zu bedenken: Flugzeuge, Tanks und anderes. 
General Tudendorff: Die Flieger der beiden Heere verhalten sich schon setzt 
wie 1:3. Trotzdem ist die Überlegenheit bei uns. Die Angaben über Feindverluste, die 
wir machen, bleiben weit hinter der Wirklichkeit zurück, wie wir später oft an den feind- 
lichen Nachrichten feststellen können. Alles das schreckt mich nicht. 
Der Reichskanzler: Und die Tanks nächstes Frühjahr? 
General Cudendorff: Ich hoffe, daß wenn unsere Infanterie wieder zu Kräften 
kommt, auch der Tankschrecken, der schon einmal überwunden war und wiedergekommen 
ist, nochmals überwunden wird. Er kam mit aller Kraft am 8. August durch den 
Nebel und wer weiß was sonst. Ist aber die Stimmung der Truppen wiederhergestellt, 
so machen sich Teile von ihnen, so die Jägerbataillone und die Gardeschützen, geradezu 
einen Sport daraus, die Tanks abzuschießen. Es lockt auch aus materiellen Gründen, 
denn in den Tanks gibt es immer gute Verpflegung. Wir konnten nur nicht Schritt 
halten in dem Bau von Tanks, weil wir zuerst Lastautos bauen mußten; aber bis 
nächstes Frühjahr werden wir darin weiter sein. 
Graf Roedern: Ich nehme an, daß, wenn wir eine gewisse Ruhepause haben, 
die Lage sich bessert, oder ist das Urteil des General Ludendorff auch dann gültig, wenn 
wir in den nächsten zwei bis drei Monaten kämpfend von unserer Linie auf der West- 
front zurückgehen müssen? 
General Ludendorff: Das kommt auf das Tempo an; jeder Rückzug kostet um so 
mehr Gefangene und Material, je rascher er vor sich geht. Bei dem langsamen 
Zurückgehen der 3., 1., 7. und 18. Armee sind so gut wie keine Einbußen an Menschen 
und Material gewesen; wenn wir aber ausweichen müssen, wie bei der 17. und 2. 
Armee, dann ist es eine erhebliche Schwächung. Wir verkürzen uns außerordentlich, 
aber die Lebensbedingungen der Armee, das, was sie zum Handeln braucht, Munition 
und so weiter, das wird erheblich verschlechtert, weil wir unser Industriegebiet den 
feindlichen Fliegern aussetzen.
	        
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