Die Revolution von unten 583
„Als die ersten Gerüchte von einem in der deutschen Marine aufkommenden
Bolschewismus auftauchten, erkannte die „British Naval Intelligence Division“ es
als ein aussichtsreiches Unternehmen, zu veranlassen, daß Gerüchte über einen an-
geblich in der britischen Flotte vorhandenen Bolschewismus in verschiedenen wichtigen
deutschen Häfen, namentlich unter den Deckmannschaften, in Umlauf gebracht würden.
Britische Agenten in Kiel, Emden und Kuxhaven erhielten den Auftrag, in geschickter
Weise die Nachricht zu verbreiten, daß in Scapa und Rosyth große Unzufriedenheit
herrsche, daß rote Fahnen auf dem „Lion“ und anderen britischen Hauptschiffen gehißt
worden seien, und daß in Böälde die britische Flotte den ganzen Krieg satt sein würde
und nur auf das führende Beispiel der deutschen Flotte warte, um aus vollem Herzen
zum eigentlichen Bolschewismus überzutreten. Der glänzende Erfolg dieser Propa-
ganda wurde später durch die Ankunft der deutschen Flotte im Firth of Forth — „am
Bindfaden“, wie Beatty sich drastisch ausdrückte — bestätigt.
Auf die Frage, warum die deutsche Flotte nicht, wie ihr 14 Tage vorher befohlen
worden wäre, zum Kampf herausgekommen sei, antworteten deutsche Matrosen: „Weil
wir dachten, ihr wäret hier draußen jetzt Brüder; wir hörten, ihr hättet rote Fahnen
gehißt und wartetet auf unsere Ankunft in offener Meuterei, um dann selbst Bolsche-
wisten zu werden und ein gleiches zu tun."“
Wie die Revolution gemacht wurde, siehe Emil Barth, Aus der Werkstatt der
deutschen Reoolution (Berlm. A. Hoffmann) und Unterirdische Lneralur im revoluionären
Deutschland während des Weltkrieges von Einst Drahn und Susanne Leonhard (Berlin-
Fichtenau, Derlag Gesellschaft und Ergiehung).
D. Feindliche Stimmen über den Ausgang des Krieges.
1.
Aus den Denkwürdigkeiten des Großadmirals Lord Fisher of Kilver-
stone (Memoirs by Lord Fisher, Hodder and Stoughton, London) S. 32:
„General Plumer erzählte mir selbst, daß er Gelegenheit gehabt habe,
sich persönlich von der völligen Leistungsfähigkeit der deutschen Armee im
Augenblick des Waffenstillstandes zu überzeugen.
S. 97:
„Beim Festmahl in der Guild Hall am 9. Rovember 1918 wußte der
Premierminister nicht, daß binnen 36 Stunden von den Deutschen der
demütigendste Waffenstillstand angenommen werden würde, den es je
gegeben hat, und einer unserer hauptsächlichsten Kabinettsminister hatte am
Sonntag zuvor gesagt, daß die Verbandsmächte auf dem letzten Loche
pfiffen.“
2.
Der frühere deutsche Botschafter in Wien, Graf Wedel, schreibt in
den „Hamburger Nachrichten“ Juli/ August 1919:
„Im vergangenen Herbst trafen Ententevertretungen, Missionen und
Kommissionen in Wien ein. Da man nur Jtalien als eigentlichen Feind
empfunden hatte, wurden Engländer, Franzosen und Amerikaner freundlich
aufgenommen. Ein ungezwungener gesellschaftlicher Verkehr wurde an-
gebahnt. Ich begegnete in einem Wiener Salon einem hohen englischen