Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

606 XXIV. Militärische Schriften 
  
  
der Ruhe Heeres-, Heeresgruppen- und Armeereserven ausgeschieden. Das Ein- 
schieben muß so frühzeitig erfolgen, daß das Zusammenwirken aller Teile geschult 
werden kann. Besonders dringend ist der rechtzeitige Einsatz starker Luftstreitkräfte 
und Artillerte mit ausreichender Munition; 
c) durch rege Tätigkeit aller Waffen den Feind in seiner Kampfkraft 
zu schädigen, ehe er seine Vorbereitungen zu Ende geführt hat. Dies geschieht in erster 
Linie artilleristisch durch planmäßige Artilleriebekämpfung, durch schärfste 
Bekämpfung lebender Ziele und durch Erschwerung des Nach- 
schubs. Rechtzeitige starke Bergasung kann ausschlaggebende Störung bewirken. 
Auch infanteristische Unternehmungen des Verteidigers sind oft 
zweckmäßig, ehe der Angriff seine volle Stärke erreicht hat. Hierdurch sollen entweder 
Gefangene zur Feststellung des Gegners gemacht oder der mit Vorbereitungen be- 
schäfugte Feind überraschend gestört und seine Angriffsmittel zerstort werden. Rück. 
kehr in die Ausgangsstellung wird nach der Unternehmung die Regel sein. 
6. Der Zweck der Schlachtverteidigung besteht darin, den 
Angreifer sich abringen und verbluten zu lassen, die eigenen 
Kräfte aber zu schonen. Ze mehr das gelingt, um so größer ist der Erfolg. 
Demnach gelten für die Führung in der Abwehrschlacht nachstehende Gesichts- 
punkte: 
a) Die Verteidigung ist nicht durch Einsatz einer möglichst 
großen Zahl lebender Kräfte, sondern vorwiegend durch Ma- 
schinen (Artillerie, Minenwerfer, Maschinengewehre ufsw.) zu 
führen. Auch hierbei gibt neben der Zahl die Organisation, die Verwendung und 
das Zusammenwirken den Ausschlag. Gute praktische Einschulung im Ge- 
lände spart Kräfte, verringert die Verluste und erhöht die Aussicht auf Erfolg. Die 
Einschulung darf nicht zum starren Schema führen, soll vielmehr richtiges und selbst- 
tätiges Handeln aller Dienstgrade im Rahmen des Ganzen anregen und fördern. 
d) Für den vorbereitenden Stellungsbau und für die Verteilung der Kräfte 
sind die Gliederung nach der Tiefe und das Bestreben, alle Ziele 
dem Auge des Feindes zu entziehen, die leitenden Gedanken. Adbgesehen 
von operativen Gesichtspunkten sind für die Auswahl einer Stellung die Beob- 
achtung und die Aufstellung der eigenen Artillerie sowie die rück 
wöärtigen Verbindungen maßgebend. 
c) Die Führung soll den Verteidigungskampf so füähren, 
daß der eigenen Truppe das günstige, dem Angreifer das un- 
günstige Gelände zufällt. Am Geländebesitz ist also nicht starr 
sest zuhalten. 
Dies gilt besonders von Vorfrldzonen. Sie sollen während des gewöhn- 
lichen Stellungskrieges dem Feinde den Einblick in die Hauptkampfzone verwehren 
und die Vorbereiltung für den Kampf in dieser erleichtern. Vorfeldstellungen erfüllen 
also ihren Zweck, wenn sie in der Zeit der Vorbereitungskämpfe der eigenen Truppe 
günsuge Kampf= und Lebensbedingungen gewähren und den Gegner zu großen Vor- 
bereitungen für ihre Wegnahme zwingen. Ob sie mehr oder weniger zäh zu ver- 
teidigen sind, ist im Einzelfall zu entscheiden. Wird in der Vorfeldzone gekämpft, so 
muß das Maß des Kräfteeinsatzes und das Verhältnis der Verluste für den Verteidiger 
dauernd günftig bleiben. Sonst erfolgt besser freiwillige Räumung. Richtige Kampf= 
führung im Vorfeld, vor allem richtige Wahl des Zeitpunktes der etwaigen Räumung 
ist eine schwierige Aufgabe der Führung, deren richtige Lösung einen 
großen Erfolg der Verteidigung und eine entscheidende Störung des Angriffs be- 
deuten kann. Die Truppe selbst hat sich in jedem Falle darauf einzurichten, die Vor- 
feldzone ebenso zu halten wie die Hauptkampfzone. Sie darf erst auf ausdrückliche 
Weisung daran denken, die Vorfeldzone aufzugeben. Wird von der Führung Auf- 
gabe eines Stellungsteils beabsichtigt, so ist die Truppe rechtzeitig mit klaren Wei- 
sungen zu versehen. Die Truppe muß frühzeitig wissen, ob sie bis zum letzten 
Mann halten oder den Gegner nur schädigen und aufhalten soll.
	        
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