Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

642 XXIV. Militärische Schriften 
  
  
in die Ausgangsstellung zurückgegangen wird. Begrenzte Angriffe sind in der Regel in 
einem Schlage bis zur Erreichung des Angriffsziels durchzuführen. 
Die Angriffsschlacht erstrebt den taktischen Einbruch und schließlich den 
hieraus sich entwickelnden operativen Durchbruch. Sie wächst sich in diesem Fall zur 
Durchbruchsschlacht aus, die den Übergang zum Bewegungskrieg zu erzwingen 
sucht. Kann die Führung sich dieses große Ziel stecken, so haben sich alle Maßnahmen 
von Anfang an in dieser Richtung hin zu bewegen. 
Vom ersten Einbruch ab wird der Angreifer mit immer neu eintreffenden feind- 
lichen Kräften und feindlichen Gegenangriffen zu rechnen haben. Hierdurch erhält die 
Durchbruchsschlacht ihren besonderen Charakter: 
Eindringen in die feindliche Stellung mit weitestem Ziel, 
Wegnahme wenigstens der feindlichen Artillerie am ersten Tage, 
Festes in die Hand-Rehmen des Gewonnenen, feindliche Gegenstöße und Gegen- 
angriffe, 
Vorführen der Masse der Artillerie und frischer Infanterie, 
Neue eigene Angriffe und feindliche Gegenmaßnahmen ufw. 
Der Durchbruchskampf ist ein Durchfressen durch die feindlichen Stellungssysteme 
meist unter starker offensiver Gegenwirkung des Feindes. Er muß schnell und 
tief vorgetragen werden. 
Der erste Einbruch ist verhältnismäßig leicht. Die Schwierigkeit liegt im richtigen 
Nähren des Angriffs. Der überraschte Gegner darf nicht zur Besinnung kommen. 
Seine Gegenmaßnahmen müssen durch den schnellen Fortgang des Angriffs durchkreuzt 
werden. Es gilt schnell zuzufassen, in dem Bewußtsein, daß von 
rückwärts her für Flanke und Rücken sowie für Feuerunter- 
stützung gesorgt wird. 
Die Gefahr, daß die Angriffskraft erlahmt, ist groß. Durch die Energie der weit 
vorn befindlichen Führer und frische Kräfte muß der tote Punkt überwunden werden. 
Hierbei kommt es weniger auf die Masse an als auf die ar- 
tilleristische und infanteristische Feuerkraft. Zu starke Kräfte 
hindern sich gegenseitig und erschweren Führung und Ver- 
sorgung. Alles hängt von schnellem und selbsttätigem Handeln 
aller Stellen im Rahmen des Ganzen sowie vom Nachziehen 
der Artillerie und vom Munitionsnachschub ab. 
7. Im Kriege versprechen diesenigen Maßnahmen den größten Erfolg, auf die 
der Feind am wenigsten gefaßt ist. Bei allen Angriffshandlungen ist 
daher die Überraschung des Feindes von entscheidender Be- 
deutung. 
Dazu sind notwendig: strengste Geheimhaltung der Absicht, unauffällige 
Durchführung aller Vorbereitungen, Beschränkung der Reuanlagen auf das unent- 
behrliche Maß, Vortäuschen von Angriffsabsichten oder wirklich ausgeführte Angriffe 
an anderen Stellen der Front und Abwechslung in den Einzelheiten des Angriffsver- 
fahrens. Hierin läßt die Vorschrift genügenden Spielraum. Es ist Sache aller 
Führer, davon den richtigen Gebrauch zu machen. 
8. Die hohe Bedeutung der flan kierenden Einwirkung, selbst mit 
schwachen Kräften, vor allem auch durch Artillerie und Maschinengewehre, ist bei 
allen Angriffshandlungen immer wieder in Erscheinung getreten. Flankierung ist 
daher immer wieder planmäßig herbeizuführen. Starke Anlagen sind nicht frontal, 
sondern in der Flanke und aus dem Rücken anzugreifen. 
In der Durchbruchsschlacht ist die taktische Umfassung ganzer Stellungsteile schon 
bei der Anlage der Schlacht anzustreben. 
9. In der taktischen Bewertung von Stellungen und Ge- 
ländeformen muüssen alle Führer wieder eingehend geschult werden. Das Studium 
des Kampffeldes und seiner taktischen Bedeutung kann nicht sorgfältig genug sein; es 
ist die Voraussetzung für die taktische Kleinarbeit, die für Anlage und erfolgreiche
	        
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