656 XXIV. Militärische Schriften
langem Ausharren während des eigenen Wirkungsschießens und der feindlichen
Gegenwirkung angriffskräftig und freudig bleibt.
56. Die Infanterie greift in den Formen an, wii seie in ihrer
Ausbildungsvorschrift — A. V. F. 1918 — niedergelegt sind. Die Eigenart der An-
griffsziele bedingt, daß der Angriff in der Regel in Stoßtrupps geführt wird. Es
wird anzustreben sein, daß diese Stoßtrupps aus Schützengruppen gebildet werden,
die nach Bedarf verstärkt bzw. zusammengestellt werden.
Die Entscheidung, ob Schützenlinienwellen oder Stoßtruppwellen oder eine Ver-
bindung beider am Platze ist, muß von Fall zu Fall getroffen werden.
57. Den einzelnen Wellen der Schützenlinien bzw. den Stoßtrupps müssen bei
der Bereitstellung ganz bestimmte Aufgaben zugewiesen werden, so die Weg-
nahme bestimmter feindlicher Stellungsteile, Maschinengewehrnester, Unterstände usw.
oder Einschwenken zur Umfassung, Flankenschutz, Grabenreinigung usw.
Besonders sorgfältig ist die Verteilung der Maschinengewehre auf
die Kampftruppe vorzunehmen (A. V. F. 1918 Ziff. 70). Je mehr die Ausstattung mit
Maschinengewehren fortschreitet, desto mehr muß angestrebt werden, daß auch im An-
griff jede Kampfgruppe der Infanterie mit dem ihr zugehörigen Maschinengewehr in
engstem Zusammenhang kämpft (A. V. F. 1918 Ziff. 177). Zahlreiche Maschinen-
gewehre gehören von Anfang an zu den vordersten Trupps der Stürmenden, um so-
gleich, wo Aufenthalt entsteht, durch Niederhaltung der Widerstandsnester mit Ma-
schinengewehrfeuer das Vorgehen der Gewehrträger und Handgranatenwerfer zu
decken, oder um feindliche Gegenstöße abzuweisen. Andere Maschinengewehre werden
zunächst in der Nähe der Sturmausgangsstellung aufgestellt, bereit zur Erfüllung der
gleichen Aufgaben. Beim Sturm geht ein Teil der Maschinengewehre mit der vor-
dersten Infanterie vor, andere folgen ihr so, daß sogleich nach Erreichen des Angriffs-
ziels eine genügende Anzahl Maschinengewehre sowohl in vorderster Linie als auch
nach der Tiefe gegliedert zur Abwehr von Gegenstößen zur Verfügung steht (A. V. F.
1918 Ziff. 255). Auch Flugabwehr kommt in Betracht.
In ähnlicher Weise sind Minenwerfer möglichst beweglich bereitzustellen
und nachzuziehen. Ihr Schuß auf nahe Entfernung ist eine äußerst wirksame Unter-
stützung sowohl, wenn der Angriff stecken zu bleiben droht, als auch zur Abwehr von
Gegenstößen.
8 Bezüglich Begleiten der Infanterie durch einzelne Geschütze und Batterien vgl.
iff. 47.
Flammenwerfer können zum Brechen örtlichen Widerstandes, Räumung
von Unterständen und Höhlen und ähnlichen Aufgaben von hohem Wert sein. Es
empfiehlt sich aber nicht, sie im Augenblick des Antretens zum Angriff an der Angriffs-
stelle selbst in Tätigkeit treten zu lassen, weil dadurch dem Gegner das Antreten er-
kennbar gemacht und sein Sperrfeuer ausgelöst wird.
58. Trupps für Nachrichtenverbindung sowie Trägertrupps
für Munition, Verpflegung, Stellungsbau usw. sind planmäßig einzuteilen.
Der Munitionsnachschub der Infanterie, namentlich an gegurteter
Maschinengewehr-Munition, ist besonders wichtig; auch der Munitions-
nachschub für die Minenwerfer bedarf besonderer Regelung.
59. Das erste Antreten muß überraschend und in der Regel in breiter
Front einheitlich nach ganz genau geregelter Zeit erfolgen. Die voraussichtliche feind-
liche Sperrfeuerzone wird in schnellstem Laufe überwunden. Mit Sicherheit kann er-
reicht werden, daß wenigstens die ersten Wellen etwaiges feindliches Sperrfeuer unter-
laufen. Man wird deshalb oft die erste Welle verhältnismäßig dicht machen und die
auch beim Angriff unerläßliche Gliederung nach der Tiefe erst beim Vorgehen ge-
winnen (ogl. Ziff. 54, zu c).
Später aus größerer Tiefe antretende Wellen und Reserven kommen oft schwerer
durch das inzwischen auflebende feindliche Sperrfeuer. Sie werden sich bestreben,
Lücken, feuerarme Räume und Augenublicke schwächeren Feuers auszunutzen. Eine