Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

662 XXIV. Militärische Schriften 
  
  
88. Erst wenn der Gegner offenbar den bevorstehenden An- 
griff erkannt hat, starke Fliegerkräfte zeigt und starke Artillerie-Gegenwirkung 
beginnt, muß alles darangesetzt werden, die feindlichen Luftstreitkräfte und besonders 
die Ballone schon vor dem Angriff niederzukämpfen und unsere Luftbeobachtung zur 
Erhöhung der Artilleriewirkung in vollkommener Weise auszunutzen. 
Je überraschender und einheitlicher und je kürzer vor Beginn des Angriffs der 
Einsatz der Luftstreitkräfte erfolgt, desto größer wird die Wirkung auf den Verlauf des 
Angriffs sein. Die verstärkte Fliegertätigkeit darf sich alsdann nicht nur auf den 
Angriffsraum beschränken, sondern muß sich mindestens so weit nach der Seite aus- 
dehnen, als die Artillerietätigkeit am Boden reicht. 
89. Nach Beginn des verstärkten eigenen Feuers Ppflegt eine erhebliche 
Verstärkung der feindlichen Infanterie-Fliegertäötigkeit ein- 
zusetzen. Ihre Abwehr ist Sache der Maschinengewehre und Flak, da eine Sperre 
durch Jagdflugzeuge sich in diesen geringen Höhen nicht durchführen läßt. Es ist zweck- 
mäßig, Flak vorzuschieben, die erst bei Beginn des Angriffs das Feuer eröffnen. 
90. Während des Vorbereitungsschießens von Artillerie 
und Minenwerfern müssen dauernd schwächere Ketten von Jagdflug- 
zeugen über der Front sein und seden Versuch einzelner Flugzeuge oder kleiner 
Patrouillen, unsere Front zu überfliegen, verhindern. Je nach dem Wetter sind diese 
in zwei bis drei Höhenlagen einzusetzen. Stärkere Ketten, ganze Staffeln oder Ge- 
schwader müssen von Zeit zu Zeit die feindlichen Luftstreitkräfte jenseits der Linien 
aufsuchen und niederkämpfen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß die Luftstreitkräfte 
nicht schon verbraucht werden, ehe der Angriff beginnt. 
91. Bombengeschwader sind während der Artillerie-Vorbereitung im 
Wechsel gegen Bahnhöfe und Lager, große Stavelplätze und Flughäfen anzusetzen. 
In der Nacht und om Morgen vor dem Angriff sind die feindlichen Flughäfen das 
wichtigste Ziel. Angriffe auf Eisenbahnzüge auf offener Strecke — von wagemutigen 
Besatzungen aus niedrigster Höhe ausgeführt — können zur Entgleisung des Zuges 
führen und dadurch große Wirkung haben. Angriffe gegen feindliche Stabsquartiere 
können durch Zerstören der Fernsprechleitungen Störungen in der Gefechtsführung 
verursachen. « 
92. Der Artillerie-Flieger ist neben der Zielerkundung nicht nur zum 
Einschießen einzelner Batterien zu verwenden. Er ist durch seine Beweglichkeit und 
seine gute Übersicht ganz besonders geeignet, von Zeit zu Zeit die Nachprüfung einer 
ganzen Reihe von Wirkungsschießen und der Lückenlosigkeit des Feuers während eines 
kurzen Fluges zu übernehmen. Kurze Steigerung der Feuergeschwindigkeit erleichtert 
ihm diese Aufgabe außerordentlich. Das ist besonders dann von Wichtigkeit, wenn 
starker Rauch den anderen Beobachtungsmitteln die Sicht erschwert. 
Die Prüfung der Wirkung erfolgt während der Feuerpausen (val. Ziff. 43). 
93. Kurz vor dem Sturm darf sich die eigene Fliegertätigkeit unter keinen 
Umständen auffällig verdichten. Besser ist es sogar, wenn wenige Minuten vorher 
die meisten der niedrig fliegenden Flugzeuge nach der Seite oder nach rückwärts aus- 
biegen. 
Nur hoch fliegende Jagdflugzeuge müssen auch kurz vor dem Sturm über den 
feindlichen Linien sein, um die feindliche Aufklärung niederzuhalten. Durch Befehl 
muß geregelt sein, daß in der Luft nichts auf den bevorstehenden Sturm schließen läßt. 
94. Der Augenblick des Sturmes ist der schwierigste Zeitpunkt für 
den Einsatz der Fliegerverbände. Die Flugzeuge sollen den Beginn des Sturmes nicht 
durch ihre Anwesenheit verraten und erst nach dem Einsetzen des feindlichen Sperr- 
feuers erscheinen, anderseits aber mit Maschinengewehrfeuer, Handgranaten und 
Bomben in den Infanteriekampf eingreifen und die feindliche Artillerie und die feind- 
lichen Luftstreitkräfte bekämpfen. 
Dies ist nur zu erreichen durch genaueste Regelung ihrer Tätig- 
beltln Angriffsbefehl und durch dußerste Pünktlichkeit beim 
Einsatz.
	        
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