Der Angriff im Stellungskriege 679
spãteren Verlauf einer mehrtägigen Offensive angesetzten Angriffen besteht Neigung,
die für die Vorbereitung und Durchführung erfolgreichen Schießens erforderliche
Munition und Zeit zu unterschätzen (vgl. Ziff. 4, letzter Absatz).
Anderseits darf natürlich der frische Vorwärtsdrang durch Warten auf die Ar-
tillerie und ihre Munition nicht gehemmt werden. Ist der Feind im Rollen, so ge-
nügen oft wenige Schuß (besonders, wenn es gelingt, m. Minenwerfer, Mörser und
weittragende Kanonen (s. Ziff. 12.) heranzubringen), um den Feind zu weiterem Zurück-
gehen zu veranlassen.
8. Gas hat im Schwadenschießen vorzüglich gewirkt und wurde auch gegen die
feindliche Infanterie auf möglichst nahe Entfernung — bei günstigem Wind selbst in der
Feuerwalze — mit großem Erfolg verwandt. Es wird jetzt auch im Bewegungskrieg
gegen M.-G. auch für Begleitbatterien gerne genommen (Blaukreuz). Hierbei werden
aber noch oft Fehler gemacht. Die Eigenart der verschiedenen Gasarten und die
Voraussetzungen der Wirkung müssen überlegt werden.
9. Das langsame Tempo der Feuerwalze von durchschnittlich 40 bis 50 Minuten
pro km einschließlich längerer Halte auf stärkeren Widerstandslinien war zweckmäßig.
Zusammenfassung auf die Widerstandslinien war wirksam. Die Gefahr, die in der
zu großen Starrheit der Walze liegt, ist jedoch noch nicht überwunden. Durch Ver-
besserung der Verbindungsmittel muß wenigstens ein gewisser Einfluß auf den Gang
der Walze erreicht werden für den Fall, daß nicht alles planmäßig abläuft. Wo es
gut geht, darf die Infanterie nicht zu sehr aufgehalten werden. Einheitlichkeit der
Walze auf der ganzen Armeefront ist weniger wichtig.
10. Begleitartillerie und Begleit-Minenwerfer (auch mittlere) haben wieder vor-
züglich gewirkt. Da die Überraschung vollständig gelungen war, wurden sie zum
ersten Einbruch nicht überall gebraucht. Trotzdem empfiehlt es sich, sie von Anfang weit
vorzunehmen, damit sie sogleich mit Überwindung des Trichtergeländes beginnen können.
11. Auch die Masse der übrigen Artillerie war stets bestrebt, schnell zu folgen,
um der Infanterie vorwärts zu helfen. Der Stellungswechsel muß, wenigstens mit
Teilen, sehr früh eingeleitet werden, er darf nicht dadurch verzögert werden, daß alle
Geschütze in der Walze die weitesten Entfernungen ausschießen. Hier ist auch deshalb
Beschränkung geboten, weil auf den weitesten Entfernungen die Angaben der Schuß-
tafeln bezüglich der Schußweiten und Streuung trotz sorgfältiger Ausschaltung der
Tageseinflüsse, nicht immer zutreffen.
12. Die Artillerie findet bei Ausnutzung der Luftbeobachtung auf dem Vormarsch
vorzügliche Ziele (Kolonnen, Lager, Batterien), die weniger vorsichtig sich benehmen
als im Stellungskrieg.
Mit sehr gutem Erfolg wurden die Ballone weit vorgezogen. Einzelne Batterien
(s. F. H., 10 cm, auch 13 cm) blieben dauernd unmittelbar mit bestimmten Ballonen
in Verbindung (Ballonbatterien), so daß bei Erkennen eines lohnenden Ziels sogleich
geschossen werden konnte. Den Divisionen sind für solche Aufgaben möglichst viele
Ballone zuzuteilen, dazu möglichst frühzeitig auch weittragendes schweres Flachfeuer.
Ahnlich muß die Luftbeobachtung durch Flieger ausgenutzt werden. Hierin be-
finden wir uns noch nicht auf voller Höhe.
Ebenso gehören die beweglichen Meßtrupps mit Artl.-Trigonometern frühzeitig
weit vor zu den Dioisionen, nicht zur Korpsreserve. Sie können gar nicht früh genug
mit Erkundung und Einrichtung ihrer Meßstellen beginnen. Das Nichtfertigwerden,
weil es weitergeht, ist nicht zu scheuen. Es ist besser als zu spätes Anfangen.
Auch der artl. Wetterdienst ist frühzeitig neu zu regeln.
Den in dieser Ziffer berührten Fragen ist ganz besondere Aufmerksamkeit zuzu-
wenden. Von ihrer schnellen und richtigen Lösung hängt die Wirkung der Artillerie
wesentlich ab. Die Artillerie ist sonst zu wenig wirksamem Streuschießen ohne ge-
nügenden Anhalt über Ziele gezwungen.
13. Rückwärtige Divisionen müssen rechtzeitig vor dem Einsatz genügend leichte
und schwere Artillerie erhalten.