686 XXIV. Militärische Schriften
TChef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 25. 6. 1918.
Ia/II Nr. 8950 geh. op.
Es muß Gemeingut aller Führer, auch der niedersten, und ebenso der Truppe
werden, daß der Krieg nicht durch starre Verteidigung, sondern nur durch weitere
wuchtige Angriffsschläge zu gewinnen ist. Diese werden aber in Zukunft nur dann
zum Erfolge führen, wenn wir die in den letzten Offensiven angewandte Kampfweise
beibehalten und weiter ausgestalten.
lÜberall wo die bewährten Grundsätze der A. V. F. (Teil II) und die auf Er-
fahrungen der Truppe aufgebauten einschlägigen Erfahrungen der O. H. L. richtige
Anwendung fanden, wurde der Erfolg mit geringen Opfern erreicht. So hat die
11. Inf.-Div. bei ihrem Angriff südwestlich Royon (vom 9. 6. ab) in sehr schwierigem,
verdrahtetem Wald- und Berggelände zähen Widerstand gebrochen, hat mit gutem
Erfolge mehrere Tage lang in ihm gekämpft und dabei im Verhältnis zu dem
schweren Kampfe nur geringe Verluste erlitten, eben weil sie bei geschickter oberer
und unterer Führung das neue Kampfverfahren richtig anwendete.
Dieses immer weiter zu vervollkommnen, dazu zwingt uns nicht nur die Wahr-
scheinlichkeit, dadurch weitere Erfolge zu erringen, sondern auch unsere Ersatzlage.
Unbedingt müssen wir den alten Fehler, in zu dichten Kampfformen anzugreifen,
vermeiden und unsere Verluste mit allen Mitteln einschränken.
Der gleiche Zwang liegt aber auch an den Abwehrfronten vor, — selbst an denen,
die über kurz oder lang wieder zur Angriffsfront werden können. Die in Stellung
befindlichen Divisionen müssen sich auf das äußerste bemühen, durch Tiefengliederung
und Schaffung eines ausgedehnten Vorfeldes ihre Verluste auf das geringstmögliche
Maß herabzudrücken.
Trotz aller Hinweise wird immer noch dem Geländebesitz, dem Halten oder
Wiedernehmen von Grabenteilen, Ortschaften, Waldstücken usw., dem Kampf um
„Prestigepunkte“, ein viel zu großer Wert beigelegt.
Viel mehr als bisher müssen die Stellungsdioisionen bei feindlichen Angriffen
im kleinen wie im großen, wo es irgend möglich ist, von dem Mittel des elastischen
Ausweichens Gebrauch machen, gerade auch an sogen. schwierigen Fronten. Dieses
Verfahren hat sich bei der Hgr. Herzog Albrecht mehrfach vorzüglich bewährt.
Bei den geringen Frontstärken wird die vorderste Stellung häufig nicht zu durch-
laufenden Gräben ausgebaut werden können, fast stets aber werden inselartige, gegen
jederlei Sicht möglichst gedeckte Widerstandsnester zu schaffen sein. Bewegliche Pa-
trouillen im Vorfelde müssen das Zwischengelände sichern, um feindliche Unternehmun-
gen zu erschweren.
Bei feindlichem Einbruch in unsere Linien muß sowohl die höhere wie die
untere Führung sorgfältig prüfen, ob ein Gegenstoß oder ein Gegenangriff wirklich
nötig ist. Oft kommt die Truppe schließlich doch ohne den Besitz eines Gelände= oder
Stellungsteils aus, zu dessen Wiedernahme eine nicht ganz überlegte Führung zahl-
reiche Menschenleben einsetzen zu müssen glaubte.
Das Wesentliche bleibt deshalb überall für unsere fernere Kriegführung die Er-
haltung der Kampfkraft und des Angriffsgedankens, die uns allein den End-
erfolg sichern. J. A.: Ludendorff.
D. Auszug aus der Gefechtsvorschrift für die Artillerie 1917.
Es war die erste Vorschrift, in der die leichte und schwere Artlllerie (Feld- und
Fußartillerie) zusammengefaßt war.
I. Verwendung im allgemeinen.
Allgemeines. Die UArtillerie bildet das Rückgrat des Kampfes. Hauptsache für sle
ist gutes Schießen rechtzeitig am richtigen Fleck gegen das richtige Ziel.