Gefechtsvorschrift für die Artillerie 689
wird sich der rechtzeitige Munitionsersatz in der Schlacht durchführen lassen. Sorg-
samste Behandlung und Schonung des Geräts ist dringend notwendig. Die Sorge
hierfür ist eine der wichtigsten Aufgaben der artilleristischen Gefechtsdisziplin.
Gleiche Sorgfalt ist der Erhaltung der Gefechtskraft der Mannschaften und den
Pferden zuzuwenden. Rechtzeitige Ablösung, gute Unterbringung und gute Versorgung
mit Verpflegung und allen sonstigen wirtschaftlichen und persönlichen Bedürfnissen
erhalten die Truppe frisch und willig.
Die Sorge für die Pferde darf auch während des Kampfes nicht nachlassen. Ihr
Zustand ist oft maßgebend für die Verwendungsfähigkeit einer Truppe.
II. Verwendung im Bewegungskrieg.
Allgemeines. Der Bewegungskrieg mit großen Angriffsschlachten ist die Ent-
scheidung bringende Kampfform.
Begegnungskämpfe, bei denen der Übergang zum Gefecht beiderseits unmittelbar
aus der Marschkolonne erfolgt, wechseln mit Angriffen gegen einen entwickelten Feind,
der sich meist eingegraben haben wird, oder mit Verteidigung aus vorangegangenem
Aufmarsch.
Der Angriff im Bewegungszkrieg ist die stärkste Kampfform, die dem Gegner
das Gesetz gibt und allein große Erfolge zeitigen kann. Zur reinen Verteidigung
wird sich der höhere Führer nur ungern entschließen, und zwar im allgemeinen nur
da, wo ihn eine starke Unterlegenheit dazu zwingt und das Gelände ihm die Möglich=
keit bietet, diesen Nachteil auszugleichen.
Außerdem kommen im Bewegungskrieg Verfolgungs= und Rückzugskämpfe in
Betracht.
Gliederung der Artillerie muß sich den voraussichtlichen Kampfaufgaben anpassen.
Jedem Verband, der eine selbständige Kampfaufgabe zu lösen hat (Vorhut usw.) ist
Artillerie zuzuteilen.
Marschleistungen. Die Verwendung der verschiedenen Geschütze ist von ihrer
Beweglichkeit abhängig.
Leichte Artillerie kann abseits der Wege auf gutem Boden lange Strecken traben,
zum längeren Galoppieren ist im allgemeinen nur die reitende Artillerie befähigt.
Für schwere Feldhaubitzen und 10 cm-Kanonen kommt abseits der Wege im allge-
meinen nur Schritt in Betracht. Die schweren Gangarten dürfen grundsätzlich nur
da angewandt werden, wo die taktische Lage es fordert.
Mit Kraftzug ausgestattete Geschütze (schwere und Feld-) sind auf festen Straßen
zu größeren Geschwindigkeiten befähigt.
Versammlung und Marsch. Auf den Sammelplätzen Deckung gegen Lufterkun-
dung und Luftangriffe. Schutz durch Fliegerabwehrkanonen.
Eingliederung in die Marschkolonne nicht zu weit vorn, Beobachtungs= und Fern-
sprechwagen können weiter vorgezogen werden. Die leichten Munitionskolonnen und
die Batteriekolonnen der Fußartillerie marschieren in der Regel am Ende der fechten-
den Truppen.
Erkundung, Sielaufklärung, Beobachtung. Artilleristische Erkundung und all-
gemeine Gefechtsaufklärung fallen zunächst zusammen. Erst mit der Einnahme der
Beobachtungsstellen kann die eigentliche Zielaufklärung beginnen. Erkundung und
Zielaufklärung müssen frühzeitig und planmäßig eingeleitet werden. Zusammen-
arbeiten mit anderen Waffen unbedingt erforderlich.
Nachrichtenmiltel und Verbindung. Auf den rechtzeitigen Aufbau der Flieger-
antennen ist besonderer Wert zu legen. Das wichtigste Verbindungsmittel bleibt der
Fernsprecher. Ist die Batterie in Stellung, so sind zwischen Führer, Beobachtung
und der Batterie stets mehrere Verbindungswege anzustreben. Auf kurze Zeit können
Ruferketten, Reiter, Radfahrer Verwendung finden.
Für Verbindung zwischen Feuerstellung und Protzen ist zu sorgen.
Karten. Möglichst reichhaltige Ausstattung der Truppen.
Urkunden der Obersten Heeresleltung 1916—1918. 44