Gesechtsvorschrift für die Artlllerle 701
haben. Eine allgemeine Bestimmung, daß alle Batterien, die Panzerkraftwagen er-
kennen, das Feuer dagegen aufzunehmen haben, führt zu Verwirrung und Mißerfolg.
In Ausnahmefällen werden auch schwere Flachfeuergeschütze in direktem Schuß
und mit direkter Beobachtung wirken können, z. B. wenn Tanks unsere Linien durch-
brochen haben sollten.
300. Jur Unterstützung von Gegenstößen sind eine oder mehrere Batterien in
rückwärtigen Lauerstellungen, von denen das Vorgelände weit nach den Seiten und
bis möglichst nahe vor der Stellung beherrscht wird, bereitzuhalten.
Diese Batterien, die gesicherte Beobachtung in der Nähe der Feuerstellung haben
müssen, sollen den etwa durchgebrochenen Feind unter beobachtetes Vernichtungsfeuer
nehmen und so seinen Angriff zum Stehen bringen oder zurückschlagen und den eigenen
Gegenangriff vorbereiten und unterstützen.
Für gleiche Aufgaben ist auch der größte Teil der Artillerie der Divisionen zweiter
Linie — meist bespannt — bereitzuhalten. Der Einsatz dieser Artillerie kann oft bis
ins einzelne dadurch vorbereitet werden, daß Führer und Truppe vorher das Gelände
erkunden.
Außerdem beteiligt sich die ganze übrige Artillerie an der Unterstützung von
Gegenstößen, soweit taktisches Zusammenwirken mit der eigenen Infanterie erreicht
wird. Die feindliche Artillerie ist soweit möglich zu dämpfen, um der feindlichen In-
fanterie während des Kampfes den Feuerschutz ihrer Artillerie zu nehmen. Feindliche
Reserven sind durch Sperr= und Vernichtungsfeuer abzuriegeln und der eingedrungene
Gegner mit geleitetem Vernichtungsfeuer zu belegen. Besondere Aufmerksamkeit für
rechtzeitiges Vor= und Zurücklegen des Feuers ist nötig, damit die Gegenstöße unserer
Infanterie nicht durch eigenes Feuer gehemmt werden.
Mißlingen die sofortigen Gegenstöße und Gegenangriffe, so hat die gesamte Artil.
lerie den durchgebrochenen Feind zum Stehen zu bringen und gegebenenfalls, wenn
die Munition verschossen ist und ein Zurückgehen nicht von höherer Stelle befohlen
wird, ihre Geschütze im Nahkampf zu verteidigen.
Für planmäßige, auf höheren Befehl und nach längeren Vorbereitungen er-
folgende Gegenangriffe ist die Artillerie nach den Grundsätzen des Angriffs im Stel-
lungskriege anzusetzen.
Die Durchführung der Abwehrschlacht. 301. Für einen großen
Angriff bedarf der Feind umfangreicher Angriffsvorbereitungen. Durch unausgesetzte
sorgfältige Aufklärung muß erreicht werden, daß feindliche Angriffsabsichten recht-
zeitig erkannt werden.
302. Ist die feindliche Angriffsabsicht rechtzeitig erkannt, so muß der Verteidiger
dem Feind in der artilleristischen Kampferöffnung zuvorkommen. Der Angriff soll
dadurch in seiner Entwicklung gehemmt und in seiner Kraft frühzeitig gebrochen wer-
den. Hierzu ist für die Artillerie nötig:
a) die artilleristischen Vorbereitungen zu einem schnellen und ausreichenden Ab-
schluß zu bringen,
b) durch Einschießen und Einschulen der für die Abwehr erforderlichen Artillerie
und ihrer Hilfswaffen die Kampfkraft rechtzeitig zu verstärken,
„P) durch rege Tätigkeit den Feind in seiner Kampfkraft zu schädigen, ehe er seine
Vorbereitungen zu Ende geführt hat.
303. Die ZSuweisung der Kampfaufgaben, die räumliche Regelung, die Bestim-
mung des Beginns, des Tempos und der Energie des Kampfes ist Sache der Truppen-
führung und wird nicht allein dem Artilleriekommandeur überlassen bleiben.
Allgemein ist der Kampf so zu führen, daß bestimmte Ziele erstrebt werden und
dem Gegner die Vorhand genommen wird. Das Schießen lediglich als „Antwort“ oder
„Vergeltung“, weil der Gegner schießt, ist fehlerhaft.
304. Jeder schweren und leichten Batterie ist ein bestimmter Teil der feindlichen
Stellung zur dauernden Uberwachung und Bekämpfung zuzuleilen. Außerdem ist die
Feuervereinigung möglichst zahlreicher Batterien auf verschiedene Zielräume sicherzu-