Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Antwort des Reichskanzlers auf Nr. 3 75 
  
  
rialmangels den Betrieb haben einstellen oder einschränken müssen, in 
großem Umfang in kriegswichtigen Industrien unterzubringen. Man 
wird, ohne Widerspruch befürchten zu müssen, behaupten dürfen, daß auch 
in den Werkstätten der eigentlichen Kriegsindustrie diejenigen Verrich- 
tungen, welche weiblichen Arbeitskräften irgendwie zugemutet werden 
können, heute bereits in größtem Umfang durch solche versehen werden. 
Trotzdem ist es nicht möglich gewesen, die Frauen, welche in anderen In- 
dustriezweigen beschäftigungslos geworden sind, in der Kriegsindustrie 
oder verwandten Betrieben auch nur annähernd unterzubringen. Auf 
100 offene Stellen kommen nach den letzten Monatsausweisen bei Män- 
nern rund 80, bei Frauen dagegen 160 Stellensuchende. 
Weibliche Arbeit ist also — im Gegensatz zur männlichen — viel 
stärker angeboten als gefragt. Das hinsichtlich der Frauen zu lösende 
Problem lautet daher für jetzt und voraussichtlich noch auf lange Zeit hin- 
aus nicht: Wie kann man mehr weibliche Arbeitskräfte verfügbar machen? 
sondern umgekehrt: Wie kann man für die Frauen weitere geeignete Arbeit 
schaffen? Es wird jetzt schon auf die Fabriken soviel wie möglich ein- 
gewirkt, und die Fabriken tun auch aus naheliegenden Gründen schon von 
selbst ihr Möglichstes, um alle für die Frauen geeignete Tätigkeit von 
diesen wahrnehmen zu lassen. Ich gestatte mir, in der Anlage zwei 
statistische Aufstellungen beizufügen, aus denen hervorgeht, wie der Anteil 
der Frauen an der industriellen Arbeit, insbesondere an derjenigen der 
eigentlichen Kriegsindustrien, im Laufe des Krieges sowohl absolut als 
prozentual dauernd stark zugenommen hat, während die Zahl der männ- 
lichen Arbeiter erheblich zurückgegangen ist. Eine Ausnahme macht hin- 
sichtlich der weiblichen Arbeiter nur die Textil- und Bekleidungsindustrie, 
wo die Zahlen die Abwanderung der Frau aus diesen Betrieben deutlich 
erkennen lassen. Die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für die 
Frauen würde daher eine verfehlte Maßnahme bedeuten, der zudem auch 
in wirtschaftlicher, sittlicher und sozialer Hinsicht die allerschwersten Be- 
denken entgegenstehen. Solange in den einschlagenden Beschäftigungs- 
verhältnissen nicht eine völlige Anderung eintritt, würde ich daher die 
Beschreitung dieses Weges auf das dringendste widerraten müssen. 
Wenn die hiernach zu ergreifenden Maßnahmen auch sehr weitgehende 
Folgen nicht in Aussicht stellen, so werden sie doch in ihrer Gesamtwirkung 
nicht unterschätzt werden dürfen. Noch weiter zu gehen, als in obigem 
vorgeschlagen, insbesondere etwa alle nicht unmittelbar oder mittelbar für 
Kriegszwecke arbeitenden Betriebe stillzulegen und die dadurch frei 
werdenden Arbeitskräfte zwangsweise den eigentlichen Kriegsindustrien 
zuzuführen, müßte für Gegenwart und Zukunft unseres Volkes die aller-
	        
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