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das Feuer unter der Asche, bis es endlich in dem furchtbaren dreißig-
jährigen Kriege zum Ausbruche kam. Dieser unheilvolle Kampf nahm
seinen Anfang in Böhmen im Jahre 1618. Hier wurden zur Zeit
des Kaisers Mathias, der zugleich König von Böhmen war, die Pro-
testanten sehr gedrückt. Der sogenannte kaiserliche Majestätsbrief, der
ihnen freie Religionsübung zusicherte und die Erbauung neuer Kirchen
und Schulen erlaubte, wurde verletzt. Besonders waren die kaiserlichen
Räthe Martinitz und Slawata als Feinde der Evangelischen bekannt.
Als nun Ferdinand (II.), ein heftiger Gegner des evangelischen Glau-
bens, König von Böhmen wurde, bewaffneten sich die böhmischen Pro-
testanten, drangen in die Hofburg zu Prag und stürzten die verhaßten
kaiserlichen Räthe zum Fenster hinaus, 60 Fuß hoch, den Secretär
Fabricius hinterdrein. Diese Gewaltthat war die Losung zu der
dreißigjährigen Blutarbeit. Der Kaiser zog seine Truppen zusammen
und drohte mit strenger Strafe. Die Böhmen, denen sich die Prote-
stanten in Schlesten, Mähren, Oesterreich anschlossen, rüsteten zu ihrem
Schutze und stellten den Grafen Thurn an ihre Spitze. Sie wußten,
daß sie von Ferdinand, der 1619 auch Kaiser geworden war, nichts
Gutes erwarten durften. Sie weigerten sich daher, ihn früher anzu-
erkennen, und wählten den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz zu ihrem
Könige. Von seiner eitlen Gemahlin, einer englischen Prinzessin, ge-
drängt, nahm dieser nach einiger Zögerung die Krone an. Die Krö-
nung geschah mit ungeheurer Pracht; aber die Herrlichkeit dauerte nicht
lange. Kaiser Ferdinand, der sich mit Bayern, Spanien und dem
lutherischen Fürsten Johann Georg von Sachsen, verbunden hatte, rückte
mit den Bayern in Böhmen en, während die Spanier unter Spinola
die Pfalz verheerten. Auf dem weißen Berge bei Prag kam es im
November 1620 zur Schlacht. Eine halbe Stunde lang standen die
Böhmen wie Mauern; dann aber wichen sie und bald köste sich das
ganze Heer in wilde Flucht auf. Viertausend Böhmen blieben todt
auf dem Schlachtfelde. Hundert Fahnen gingen verloren. Die Herr-
schaft des neuen Königs hatte ein Ende. In feiger Flrucht eilte er
nach Brandenburg, um bei dem Kurfürsten Georg Wilhelm, seinem
Schwager, Schutz zu suchen. Darauf ging er nach Holland. Spott-
weise hieß man ihn seitdem bloß den Winterkönig, weil seine Regie-
rung nur einen Winter gedauert hatte. Ueber Böhmen ließ Ferdinand
ein hartes Gericht ergehen. Sieben und zwanzig der vornehmsten
Protestanten mußten unter dem Beile des Henkers bluten. Unzählige
aus dem Volke erlitten dasselbe Schicksal. 30,000 evangelische Fami-
lien wanderten nach Sachsen und Brandenburg auds. Die evangelischen