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Friedrich Wilhelm Preußen blos wieder als Lehen von Polen besitze.
Die Polen, welche die Zugeständnisse des Welauer Vertrages bereits
bereuten, und die Vortheile desselben dem Kurfürsten gern entrissen
hätten, verweigerten die Auslieferung des Verräthers, der fortfuhr, in
frechster Weise dem Zome Friedrich Wilhelms zu trotzen. Da befahl
der Kurfürst seinem Gesandten, Eufebius von Brand in Warschau, sich
des gefährlichen Mannes um jeden Preis zu bemächtigen. Brand nahm
seine Zuflucht zur List. Bei der Gesandschaft befanden sich dreißig
brandenburgische Dragoner. Davon versteckten sich einige heimlich in
der Wohnung des Gesandten, den Kalkstein, im Bertrauen auf den pol-
nischen Schutz, zuweilen besuchte. Als dies wieder geschah, fielen die
Soldaten plötzlich über ihn her, banden ihm Hände und Füße, rissen
Tapeten von den Wänden, wickelten ihn hinein, brachten ihn in einen
verschlossenen Wagen und fuhren in scharfem Trabe der preußischen
Gränze zu. Von hier wurde Kalkstein nach Memel in sichern Gewahr-
sam gebracht. Die Polen geriethen über diese kühne That im Wuth
und verlangten vom Kurfürsten unter den heftigsten Drohungen die
Herausgabe Kalksteins. Friedrich Wilhelm erklärte, wenn sie ihn durch-
aus wieder haben wollten, so sollte er ihnen ausgeliefert werden, aber
um einen Kopf kleiner; man möchte ihn übrigens nicht reizen, sonst
würde er die Beleidigung mit den Waffen in der Hand rächen. Dar-
auf wollte es der König von Polen nicht ankommen lassen und ließ die
Sache auf sich beruhen.
Kalkstein wurde zum Tode verurtheilt und starb auf dem Schaffot
1672. Die Preußen beugten sich unter dem entschiedenen und uner-
schütterlichen Willen des großen Kurfürsten und wurden treue Antertha-
nen des Hauses Hohengollern.
74. Einfall der Schweden in die Mark 1674.
Zur Zeit des großen Kurfürsten regierte in-Frankreich der ehr-
geizige und ländersüchtige König Ludwig XIV. Er hat viel Unheil
über Deutschland gebracht. Das schöne Elsaß, die Pfalz und andere
Gegenden am Rheine wurden barbarisch von ihm verwüstet; selbst die
Kaisergräber in Speier blieben nicht von ihm verschont (1688). Gegen
ihn, oder vielmehr gegen seinen großen Feldherrn Türenne führte der