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83. Eine merkwürdige Schlittenfahrt.
1679.
Im Jahre 1678 segelte der Kurfürst mit 350 kleinen Schiffen
nach Rügen und eroberte diese schöne Insel. Bald darauf erschien er
vor Stralfund, das, nachdem bereits die Hälfte der Stadt in Flammen
aufgegangen war, die weiße Fahne aufsteckte. Auch hier wie in Greifs-
wald ließ sich der Kurfürst den Eid der Treue schwören und war nun
ganz im Besitze Pommern's. Um ihn aber von diesem Lande abzuzie-
hen, ließ der König von Schweden seinen General Horn, von Lievland
her, in das Herzogthum Preußen einfallen. Der Herzog von Kurland
gestattete den Durchzug. Schon war Königsberg in Gefahr. Da
brach Friedrich Wilhelm in der strengsten Winterkälte mit 9000 seiner
Tapfern schleunigst auf und machte in 10 Tagen einen Weg von 150
Stunden. Schon am 10. Januar traf er in Marienwerder ein. Hier
sammelten sich seine Truppen. Sobald aber die Schweden vernahmen,
daß der Kurfürst im Anzuge sei, traten sie eilig den Rückweg an. Er
aber wollte sie einholen und wo möglich durch eine Schlacht vernichten.
Daher setzte er sein Fußvolk auf Schlilten, und nun ging's im Fluge
bis Heiligenbeil, von hier über das zugefrome frische Haff nach Kö-
nigsberg. Der Feind konnte so schnell nicht laufen, als er ihm nach-
eilte. Denn immer vorwärts ging's nach Labiau, von dort wieder zu
Schlitten auf dem kurischen Haff weiter. Von Gilge aus sandte der
Kurfürst den General Görzke und den Obersten von Treffenfeld mit einer
kleinen Reiterschaar voraus. Treffenfeld holte den weit überlegenen Feind
bei Tilsit ein und schlug ihn gänzlich auf's Haupt. Die Schweden ge-
tiethen in so große Noth, daß sie seit zwei Tagen kein Brod mehr
hatten. Ueberall geschlagen, gelangten sie als kleines Häuflein, tapfer
fechtend, ohne Geschütz und Munitionswagen nach Riga. Sie mögen
den Franzosen geglichen haben, die 1812 aus Rußland zurückkehrten,
als sie in Schweden ankamen. Doch auch die Brandenburger waren
durch den ununterbrochenen Zug über Schnee= und Eisfelder bis zum
Tode erschöpft. Aber Preußen war gerettet.
Inzwischen hatte der Kaiser, der das Emporkommen des branden-
burgischen Staates mit Besorgniß und Eifersucht ansah und keinen
„neuen König der Wenden an der Ostsee“ aufkommen lassen wollte,
mit den Franzosen den Frieden zu Nymwegen geschlossen und seinerseits zuge-