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94. Derfflingers Tod.
695.
Den Abend seines schwerdurchkämpften Lebens verbrachte Derfflinger
im Schooße seiner Familie, meist auf dem Lande, in Frieden. Keine
Sorge drückte ihn. Irdische Güter waren ihm im Ueberfluße beschie-
den, nach den himmlischen strebte er mit aufrichtigem Herzen. Er
folgte mit festem Vertrauen den protestantischen Glaubenslehren. Johann
Arnds wahres Christenthum war sein liebstes Erbauungsbuch. 89 Jahre
alt und lebenssatt starb er am 4. Februar 1695 den sanften Tod der
Altersschwäche bei völligem Bewußtsein. Sein Leichenbegängniß ge-
schah, nach seinem ausdrücklichen Befehle, ohne Prunk und grohe Feier-
lichkeiten. In der Gedächtnißrede, die ihm der Prediger zu Gusow
hielt, durfte von seinem Leben und seinen Thaten keine Erwähnung
geschehen.
95. Seine Persönlichkeit.
Derfflinger war ein wohlgebildeter, großer, krästiger Mann, von
der Natur gleichsam schon zum Krieger geschaffen. Ein starkes krauses
Haar zierte sein Haupt. Er hatte eine große Nase, eine breite Stirn,
starke Augenbraunen, lebhafte Augen, ein starkes Kinn und ein volles
Gesicht. Die Obeilippe bedeckte ein starker Bart. Er besaß alle
Eigenschaften zu einem tüchtigen Feldherrn, Muth, Kühnheit, Entschlos-
senheit,, Kaltblütigkeit. Er war ein ausgezeichneter Reiter. Seine
Truppen hingen mit Liebe an ihm und folgten ihm mit Vertrauen in
die Schlacht; seine Anführung verbürgte ihnen den Sieg. Gegen seine
Untergebenen war er leutselig und freigebig. Das beweist folgender
Zug. Einer seiner Unteroffiziere trat in sein Zimmer, als er grade
eine Lade voll Thalerstücke nachsah. Der Anblick so vielen Geldes
machte einen wunderbaren Eindruck auf ihn. Derfflinger ruft ihm zu:
„Komm nur und nimm Dir eine Handvoll.“ Der Unteroffizrer zögert.
Da thut Derfflinger einen tüchtigen Griff in die Kasse und reicht dem
Erstaunten die Silberstücke mit den Worten hin: „Nimm's nur, so etwas
kommt nicht alle Tage!“