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Drum sag' ich: Keiner steh' still in der Welt.
Wen's antreibt, nur vorwärts, schnell!
Wer ein Held kann werden, der werd' ein Held,
Und wär's auch ein Schneidergesell.
F. v. Sallet.
100. Feldmarschall Derfflinger.
Der Kurfürst saß beim Mahle;
Die Becher kreisten froh.
Es saß an seiner Seite
Der Held von Nathenow.
Er hatte kühn geschwungen
Für seinen Herrn das Schwert
Und Ehre sich erstritten
Des schönsten Ruhmes werth.
Der Wein, der macht beredter
Und öffnet jedes Herz;
Und lanter ward die Freude,
Und freier ward der Scherz.
Doch mancher Höfling schaute,
Gereizt von schnödem Neid,
Scheel nach dem kühnen Helden
Und schwoll in Bitterkeit.
Ein Herr aus Baierlande,
Wohl sechszehn Ahnen schwer,
Sprach zierlich und geschliffen
Vom Brandenburger Heer.
Und fragt, verächtlich lächelnd,
Geröthet vom Pokal:
„Ist's wahr, ein Schneider wurde
Ein großer General?“
Drob freute sich verstohlen
Die feige Höflingschaar
Und reicht dem fremden Grafen
Noch einen Becher dar.
Siehl da erhebt sich plötzlich
Mit Stolz der General
Und schlägt an seinen Degen
Und spricht laut durch den Saal:
Ihr Herren, den ihr meinet,
Der General bin ich !
Der Schneider ist behende,
Glaubt mir es sicherlich,
Denn hier mit meiner Elle
Mess ich die Kreuz und Quer
Jedweden Schuft, auch wenn er
Von altem Erze wär'!
Der große Kurfürst lächelt
Mit biederm Angesicht,
Reicht freundlich ihm die Rechte
Und spricht voll Zuversicht:
Wohl mir und meinem Volke!
Das schönste Ritterthum
Ist unserm Vaterlande
Verdienst und eigner Ruhm.
J. A. Lehmann.